Mein Problem mit Atomic Heart

Mein Problem mit Atomic Heart
(Bildnachweis: Mundfish)

Atomic Heart vom russischen Entwickler Mundfish hatte, wie schon Hogwarts Legacy dieses Jahr, mit einigen Kontroversen zu kämpfen, die die eigentliche Qualität des Spiels zunächst zweitrangig erscheinen ließen. Dazu kam, dass die ambitionierten Hochglanztrailer von Atomic Heart den Schluss nahelegten, Mundfish könnte die großen Erwartungen womöglich gar nicht erfüllen. Als es dann Ende Februar erschien, fielen die Reviews jedoch überwiegend positiv aus. 

Auch wenn wir aus diversen Gründen keinen Test zu dem Titel gemacht haben, habe ich es trotzdem gespielt und muss ehrlich zugeben, ich kann mich den unzähligen guten bis sehr guten Wertungen leider nicht anschließen. Warum? Das erzähl ich dir jetzt.

Ein echter Blickfang

Selbstverständlich komme ich nicht um Atomic Heart herum, ohne über die herausragende Grafik und die beeindruckende Spielwelt zu sprechen. Die hat mir mit ihrem 50er Jahre Charme auch von Anfang an wirklich gut gefallen und ich habe mir die unzähligen Schauplätze im Intro ausgiebig angeschaut. Dabei habe ich NPCs bei ihren Gesprächen gelauscht und sie gefotobombt oder das Freiluftmuseum und die Parade beobachtet. Charaktermodelle, Roboter und die Umgebung sahen so toll aus, dass ich verzeihen konnte, dass sich die menschlichen NPCs alle paar Meter wiederholten. Bei den Mechanischen ergab das ja sogar innerhalb der Story noch Sinn. 

Als die Robokalypse dann schließlich losbricht und die angeblich glorifizierte Sowjetunion ins Bioshock'eske Chaos stürzt, war ich von der Optik und dem Detailgrad der Welt immer noch beeindruckt. Was nach diesen schätzungsweise 40 Minuten allerdings bereits extrem an meinen Nerven gezehrt hatte, war das durchgehende Expositionsgebrabbel von meinem Protagonisten und seinem Möchtegern-Buddy-Cop-Kollegen mit dem äußerst einprägsamen Namen: "Handschuh". Da bekomme ich Fospoken-Flashbacks. 

Eine triumphale Statue auf dem großen Fest am Anfang des Spiels

Die angeblich glorifizierte Sowjetunion stürzt recht bald in die Robokalypse. (Image credit: Mundfish)

Dauerhaftes Expositionsgebrabbel

Auch wenn du Atomic Heart bereits seit dem 21. Februar über den Xbox Game Pass oder auch so auf deiner Series X|S|O, dem PC und auf PS4 und PS5 spielen kannst, möchte ich auf die Story nur sehr kurz eingehen. Auf die legt das Spiel einen großen Wert und erzählt sie auf unterschiedliche Weisen, etwa mit schick inszenierten Cutscenes. 

Die meiste Zeit erklärt dir hingegen irgendjemand, ob nun irgendwelche NPC-Passanten, Menschen auf großen Leinwänden oder vor allem besagter Handschuh, auf die plumpste Art und Weise worum es gerade geht. Eine Spielwelt, die so viel Backstory und eine so außergewöhnliche Optik mitbringt, hätte viel, wirklich viel mehr auf sogenanntes "Evironmental Storytelling" setzen sollen. Die kleinen visuellen Gags und Email-Verläufe reichen mir da nicht, da hier außerdem jeder dritte Rezipient Setschenow, Molotow oder einen anderen Nachnamen mit -ow am Ende hat. Das macht es nicht besonders leicht - auch wenn es authentisch sein mag -, den komplexen Verstrickungen richtig zu folgen. 

Das größte Problem ist meiner Meinung nach nicht einmal das Ende, bei dem man die Wahl zwischen zwei gleichermaßen unzufriedenstellenden Ausgängen hat. Was der Story von Atomic Heart den Todesstoß versetzt, und das beinahe von Beginn an, ist der unendlich nervige Protagonist "P-3". Der lässt sich auch nach etlichen Stunden noch immer wild fluchend über Roboter aus und versteht einfach nicht, dass es ihnen völlig egal ist, ob er sie beleidigt. Der Notgeile Kühlschrank ist da nur die Spitze des Eisbergs. Aber zumindest kann das Gameplay vielleicht ja noch etwas rausholen...

Ein Roboter-Modell bestaunt Poster von schönen Frauen

Trotz kleiner visueller Gags wäre durch Evironmental Storytelling weit mehr möglich gewesen. (Image credit: Mundfish)

Viel zu viel gewollt

Kann es nicht! P-3 steuert sich merklich träge und kann sich höchstens durch einen kurzen Dash ein wenig schneller fortbewegen. Eine Sprint-Funktion gibt es nicht. In den offenen Arealen ließe sich das natürlich durch Fahrzeuge ausgleichen, wenn die sich nicht ebenso schwammig und unpräzise steuern ließen. Zudem gab es insbesondere in diesen Gebieten extrem viele Kameras und Gegner, die stets nach kurzer Zeit wieder repariert wurden und das Erkunden erheblich verkompliziert haben. 

Dabei halfen mir dann immerhin die sehr nützlichen und offensichtlich an Bioshock angelehnten Handschuhfähigkeiten. Allerdings hätte es davon den gerne ein paar mehr geben können. Neben regulären Nah- und Fernkampfwaffen, gibt es aber solche, die nicht mit Munition, sondern mit Energie feuern. Die sind eine wirklich gute Idee und ergänzen das Arsenal auf sinnvolle Weise, um sich die wertvollen Patronen für besonders heftige Gegner aufzusparen. Und wo ich schon beim Thema Waffen und damit dem Gunplay bin: 

Ich habe schon ziemlich viele Shooter gespielt und komme immer wieder zu demselben Ergebnis. Kein Entwickler hat virtuelle Schießeisen je so gut umgesetzt wie das Halo- und Destiny-Studio Bungie. Dieser Vergleich mag dir vielleicht unfair vorkommen, aber für mich gibt es einfach kein Spiel, das Gunplay so gut macht wie diese Titel und da hinkt Atomic Heart mit seinen Waffen, die allesamt keinerlei Wucht unter der Haube haben, leider weit hinterher. 

Einer der etwas größeren Gegner in Atomic Heart geht zugrunde

Die Kämpfe fühlen sich träge und nicht besonders wuchtig an. (Image credit: Mundfish)

Alles in allem leider enttäuschend

Damit konnte mich Atomic Heart leider überzeugen. Die Technik und die Spielwelt machen zwar einiges her und begeistern immer wieder mit wunderschönen Locations, dichter Atmosphäre und unzähligen Details. Auf Gameplay-Ebene gibt es neben den Schießereien und Fahrzeugen auch ein wenig Stealth und viele kreative Rätsel, was ebenfalls für nette Abwechslung sorgt.

Dem gegenüber steht aber das kraftlose und schwerfällige Gunplay - zu dem ich der Einfachheit wegen auch die Nahkampfwaffen zähle -, mit dem du nun einmal den Großteil der Spielzeit verbringst. Dazu kommt die Geschichte, die zwar extrem spannend startet, aber schon bald immer weiter abflacht und leider sehr unbefriedigend endet. Dass das dann auch noch von dem sich permanent anzickenden Duo aus Handschuh und einem extrem unsympathischen Protagonisten begleitet wird, hat für mich den Vogel letztlich abgeschossen. 

Und das, obwohl das Spiel unzählige wirklich gute Ansätze mit sich bringt. Denn trotz meiner vielen Kritik an dem Spiel, haben es die Entwickler geschafft, einen sehr besonderen Look zu schaffen, dem man seine Inspiration zwar deutlich ansieht, diese dann aber in ein frisches und interessantes Setting packt. Daher muss ich am Ende trotzdem sagen, dass ich gespannt bin, was uns Mundfish in Zukunft noch bringen wird.

Zunächst bin ich aber auf jede Menge anderer Spiele gespannt, die 2023 auf uns warten. Wenn du das auch bist, dann lies dir doch durch, was du auf deiner Xbox oder deiner PS5 dieses Jahr sonst noch erwarten kannst. 

Christopher Barnes
Redakteur

Ich bin Chris und beschäftige mich für TechRadar vor allem mit den Bereichen Filme/ Serien, TV, Grafikkarten und Gaming - im Speziellen alles rund um Xbox. Ursprünglich habe ich in Stuttgart Film- und Fernsehtechnik sowie Drehbuch-Schreiben studiert. Da ich allerdings nicht nur schon immer großer Filmliebhaber, sondern auch leidenschaftlicher Gamer war und es zudem liebe zu schreiben, habe ich mich für den Journalismus in diesem Bereich entschieden. 


Erreichbar bin ich unter der Mail-Adresse cbarnes[at]purpleclouds.de