TechRadar Fazit
Forspoken zu bewerten fällt sehr schwer. Auf der einen Seite birgt es zahlreiche Ungereimtheiten und die üblichen Open-World-Probleme, andererseits kommt es aber auch mit einem geschmeidigen Parcours-Movement, einem vielseitigen Magiekampfsystem und so abwechslungsreichen Gamplay-Ideen daher, dass es sehr lange dauern würde, alle aufzuzählen. Damit motiviert das Gameplay weit mehr, als die Erkundung der zwar optisch beeindruckenden aber leider auch etwas leblosen Spielwelt.
Pro
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Grafisch beeindruckende Spielwelt mit abwechslungsreichen Nebenaufgaben
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Hervorragende deutsche Sprachausgabe
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Parcours-Movement entwickelt einen richtigen Flow
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Komplexes, motivierendes Magiekampfsystem
Kontra
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Trotzdem sehr karge Spielwelt und wenig belohnender Loot
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Puppenhafte Charaktermodelle
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Furchtbar unsympathische Protagonistin
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Zahlreiche technische Mängel und Ungereimtheiten
Warum können Sie TechRadar vertrauen?
Spielzeit: Zwischen 20 und 40 Stunden
Release: 24. Januar 2023
Plattform: Zunächst nur auf PlayStation5 und PC
Preis: 79,99€
Ich sags gleich mal vorweg: Von der bei den Game Awards veröffentlichen Demo von Forspoken war ich nicht sonderlich begeistert. Die Charaktermodelle waren wirklich nicht schön und das Kampfsystem zu unübersichtlich. „Aber gut,“ sagte ich mir, „es ist nur eine Demo. Da kann sich noch einiges tun.“ Immerhin waren es noch einige Monate bis zum Release am 24. Januar. Es gab also noch etwas Zeit, um zu polishen.
Doch fangen wir erstmal von vorne an. Das Spiel wurde das erste Mal im Juni 2020 unter dem Arbeitstitel Project Athia auf dem PS5-Reveal-Event vorgestellt. Trotz seines generischen „In a World“-Anfangs, zeigte der einminütige Teaser eine interessante Welt mit bizarren Kreaturen, einem Parcours-ähnlichen Movement und spannendem Magiekampfsystem.
Im März 2021 kam dann der offizielle Ankündigungstrailer und offenbarte schließlich den Namen des Spiels. Forspoken stellte nicht nur eine neue IP dar, sondern auch das erste Projekt des kleinen Studios Luminous Productions. Dessen Mitarbeiter hatten zuvor als Teil von Square Enix an Final Fantasy XV gearbeitet, sich aber 2018 zu einem eigenständigen Studio formiert. Diese Verwandtschaft sieht man Forspoken auch deutlich an. Nur dass wir diesmal nicht in die Haut von spitzhaarigen Japano-RPG-Charakteren schlüpfen, sondern in die der 20-jährigen New Yorkerin Frey Holland.
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Ein holpriger Einstieg
Frey wurde als Baby von ihren Eltern ausgesetzt und daraufhin von einer Pflegefamilie zur nächsten gereicht. Heute ist ihr einziger Freund ihr streunender Kater Homer. Um zu überleben, hält sie sich mit Diebstählen über Wasser, doch nachdem ihr letzter Coup misslingt, findet sie durch eine Reihe von Ereignissen einen seltsamen Armreif, der sie in eine andere Welt katapultiert.
Und hier muss ich leider schon sagen, Frey wird mir von Anfang an als vollkommen unsympathische Egoistin vorgestellt, die sich permanent wie die Axt im Walde oder einfach nur strohdumm verhält. Und dann wird das Ganze mit einem Trick umzukehren versucht, der so abgedroschen ist, dass es sogar ein Buch über diese Erzähltechnik gibt. „Save the Cat“ bezeichnet einen Trope beim Storytelling, bei dem der sonst unsympathische Protagonist etwas nettes tut, sodass wir ihn wieder mögen. Im klassischsten Fall wäre das, wie der Name schon sagt, eine Katze zu retten und Forspoken haut einem die flauschigen Vierbeiner nur so um die Ohren.
Frey landet also auf dem Kontinent Athia, der ebenso schön wie tödlich ist und von einer verheerenden Plage, dem sogenannten Bruch heimgesucht wird. Dieser breitet sich wie ein Nebel der Fäulnis über das Land aus und verwandelt Menschen und Tiere in mordlustige Bestien. Nur Frey scheint dagegen immun zu sein. Ob das mit dem Reif zusammenhängt, der auf unerklärliche Weise mit ihrem Arm verbunden ist, bleibt zunächst unklar.
Als dieser ihr plötzlich Zauberkräfte verleiht und mit ihr zu sprechen beginnt, macht sich das unfreiwillige Paar auf, den Bruch zu erkunden, den letzten überlebenden Menschen zu helfen und einen Weg zurück nach New York zu finden. Warum Frey unbedingt in ihr altes Leben zurück will, bleibt leider ein Rätsel, das sich ihr sarkastischer Sidekick mit dem äußerst kreativen Namen „Reif“ ebenfalls zu fragen scheint. Ihre Antwort ist lediglich, „dass es ihr hier zu abgefuckt ist“.
Trotz allen Meckerns, muss ich an dieser Stelle aber ein großes Lob an die Darsteller aussprechen. Die beiden Hauptfiguren schafften es auch in der deutschen Sprachausgabe, trotz meiner Aversion gegen Frey, nach und nach mein Interesse zu wecken. Und auch einige Nebenrollen werden hervorragend von namenhaften Leuten wie Keala Settle oder Debra Wilson verkörpert.
Ihre Figuren leben mit den letzten Menschen Athias in der Stadt Cipal, die als eine Art Hub in der Welt fungiert. Hier nehmt ihr Haupt- und Nebenmissionen an - die meist auch nur im entsprechenden Story-Kapitel verfügbar sind -, lernt die Leute und die Welt kennen, deckt euch mit Vorräten ein oder wertet eure Ausrüstung auf. Auch wenn man Cipal nicht mit einem Assessin’s Creed Odyssey vergleichen kann, kommt zumindest auf dem zentralen Markplatz hin und wieder das Gefühl einer lebendigen Stadt auf, in der verschiedenste Menschen handeln, feiern und sich unterhalten.
In Athia gibt es viel zu tun...
Ganz anders sieht es da in der restlichen Spielwelt aus. Das vom Bruch weitgehend leergefegte Athia ist mit seinen vier Regionen wirklich gewaltig, lässt euch diese aber auch nur allmählig entdecken. Open-World-üblich ist die Karte in Nebel eingehüllt, bis man das entsprechende Gebiet erkundet hat. Allerdings, und das fand ich erfrischend anders als bei vielen anderen Genrevertretern, nicht einfach durch das Erklimmen von Türmen. Solche gibt es zwar, die markieren aber lediglich interessante Orte in der näheren Umgebung: Umschauen müsst ihr euch immer noch selbst.
Und zu finden gibt es eine ganze Menge. So viel, dass, wenn ich alles erklären würde, diese Review doppelt so lang wäre, weil manche dieser Aufgaben sogar mit eigenen Gameplay-Kniffen aufwarten. Es gibt verlassene Dörfer, Burgen oder Gelehrten-Türme, die ihr von Monstern säubern müsst, kleine Dungeons, an deren Ende ein Boss wartet, sogenannte Flashbacks, wo ihr innerhalb einer gewissen Zeit verschiedene Ziele erreichen müsst, besonders starke Mutanten-Monster, Fotospots, Monumente von Fantasy-Katzen und Schatztruhen. Jede. Menge. Schatztruhen. Während einige davon von Gegnern bewacht werden, müsst ihr für andere kurze Schieberätsel lösen. Die sind zwar nie besonders kompliziert, lockern das Gameplay aber immer wieder ein wenig auf.
Ebenso wie die erwähnten Katzen-Monumente. Hier gilt es, sich an die kleinen magischen Wesen heranzupirschen, um sich mit ihnen anzufreunden, damit die dann in den überall verteilten Pilgerzufluchten auftauchen. In diesen Saferooms, die wie die Aussichtstürme als Schnellreisepunkte dienen, könnt ihr euch ausruhen oder Ausrüstung craften, aufwerten und verwalten.
Belohnt werdet ihr für die vielen Aufgaben mit entsprechenden Crafting-Materialien oder neuen Ketten, Umhängen und Fingernagel-Designs. Letzteres mag erst einmal komisch klingen, ist aber eine nette neue Idee, um eure Magie zu verstärken.
Anfangs fühlte ich mich von der schieren Menge an Nebenbeschäftigungen etwas erschlagen, da man alle paar Meter auf einen neuen Questmarker trifft. Für mich, als jemand, der immer alles erledigen möchte, verkam das zu Beginn direkt, wie in den meisten Open-World-Titeln, zum reinen Abarbeiten. Ständig öffnete ich die Karte, um die nächste Markierung zu verfolgen und bekam dadurch gar kein richtiges Gefühl für die Welt.
Doch als ich entschloss, die Map eine Weile nicht mehr zu verwenden, kam mir in den Sinn, was mein Kollege David Hain mal über den Großteil der Open-World-Games gesagt hat. Die Welten werden zwar immer Detailreicher und hübscher, doch ohne Karte findet man sich häufig überhaupt nicht in ihnen zurecht. Der obligatorische Umgebungsscanner darf da natürlich auch nicht fehlen. Ausnahmen wie Breath oft the Wild oder Elden Ring bauen ihre Welten bewusst so, dass ich anhand klarer Orientierungspunkte immer weiß, wo ich gerade bin. Athia sieht zwar grafisch toll aus und bietet je nach Region einige schöne Kulissen, wirkt aber über weite Strecken leider auch sehr karg.
Elegant und cool
Glücklicherweise macht es dafür umso mehr Spaß, sich in der Welt fortzubewegen. Denn eines von Forspokens Alleinstellungsmerkmalen ist das Parcours-Movement. Zwar bewegt sich Frey bereits von Beginn an flink hinfort, erlebt durch Reifs Fähigkeiten aber ein erhebliches Upgrade.
So rennt ihr in Windeseile durch die Gegend, legte große Distanzen mit kunstvollen Sprüngen zurück, stoßt euch an Wänden ab oder schwingt euch elegant an ihnen hinauf. Später erhaltet ihr auch weitere Fähigkeiten wie einen Greifhaken, der an fast allen Oberflächen angewendet werden kann und euch an gewissen Stellen sogar in die Luft katapultiert. Das alles kostet euch Ausdauer, die später aber mithilfe gut getimter Sprünge wieder aufgefüllt werden kann.
Alles in allem hat mir das Movement eine Menge Spaß gemacht, auch wenn ich eine Weile gebraucht habe, um hineinzufinden. Selbst jetzt ist es manchmal noch eine hakelige Sache, wenn sich Frey an jedem noch so kleinen Hindernis mit einem weiten Sprung abstoßen will, während ich gerade einfach nur stehen bleiben möchte. Allerdings kommt man mit der Zeit in einen richtigen Flow und lernt auch kleine Tricks. So nimmt Frey bei Stürzen durch Reifs Schild zunächst keinen Fallschaden und würde erst bei einem weiteren tiefen Fall sterben. Stoßt ihr euch aber im richtigen Moment von einer Felswand ab oder benutzt den Greifhaken, könnt ihr direkt weiterlaufen, ohne euren Lauf zu unterbrechen.
Das Herzstück
Freys Gewandtheit ist aber auch in den Kämpfen eine große Hilfe und damit kommen wir endlich zum Elefanten im Raum: Dem Magiekampfsystem. Mir ist bisher noch kein nicht-klassenbasiertes Spiel untergekommen, dessen Kampfsystem sich komplett auf Magie verlässt. Es braucht mehrere Stunden, bis man das zweite von insgesamte vier Skillsets und damit seinen ersten Nahkampfangriff freischaltet.
Dementsprechend groß war meine Sorge, dass ich letztlich 50 Zaubersprüche zur Verfügung haben, aber nur drei davon überhaupt verwenden würde, weil es mir schlichtweg zu viel ist. Die Demo schürte diese Angst noch mehr und so war ich äußerst skeptisch, als mir die ersten Monster vors magische Visier liefen.
Doch genau wie bei Freys Parcours, lernte ich auch das Kampfsystem mit jeder weiteren Spielstunde mehr zu schätzen. Die Zauber teilen sich in Angriffs- und Unterstützungs-Magie auf, die ihr aus einem Kreismenü à la Mass Effect oder GTA über die jeweils vordere Schultertaste ausrüstet und mit der hinteren abfeuert. Zudem bietet jedes Skillset noch einen besonders starken Zauber, der sich durch das gemeinsame Drücken beider Trigger auslösen lässt und verheerenden Flächenschaden verursacht.
Also ja, es gibt unglaublich viele Zauber. Und durch in ganz Athia verteile magische Quellen oder eure vier Skilltrees schaltet ihr immer wieder neue frei. Dafür benötigt ihr Mana, was damit eure wichtigste Währung ist. Für mich war Mana sogar stets der Hauptgrund meiner Erkundung, da sich die Ausrüstungen meist nur geringfügig in ihren Werten unterscheiden. Dadurch fühlte ich mich selten wirklich mächtiger, wenn ich etwa einen neuen Umhang erhielt.
Sehr wohl mächtiger fühlte ich mich aber durch neue Zauber. Ihr könnt Gegner mit einer Kiesel-MG abballern, mit Schlingpflanzen festhalten, in Feuer einschließen, temporäre Gehilfen beschwören, euch mit Schilden schützen und und und. Allerdings lernt ihr die Zauber schön nach und nach und werdet durch eine Kampfwertung nach jedem Gefecht sogar mit Loot dafür belohnt, möglichst viele davon zu verwenden. Dadurch fühlte ich mich stets motiviert, die Zauber und ihre Kombinationsmöglichkeiten auch wirklich zu lernen. Irgendwann war ich ein verdammter Magie-Großmeister.
Einfach nicht ganz rund
Im direkten Vergleich fällt hierbei auf, dass die Bildrate im Qualitäts- sowie Raytracing-Modus deutlich abfällt. Daher würde ich euch empfehlen, Forspoken im Performance-Mode zu spielen. Grafisch lassen sich hier zumindest nur minimale Unterschiede erkennen, da das Spiel in jedem Fall knackscharfe Texturen aufweist.
Ansonsten hatte ich auf technischer Ebene auf der PS5 wenige Probleme. Trotzdem sollten einige Dinge mittlerweile einfach der Vergangenheit angehören. So fror ein paar Mal das Bild ein, weil es kurz laden musste und einmal ist Frey sogar zwischen zwei Felsen hängengeblieben. Zum Glück erkannte das Spiel das und teleportierte mich durch eine Schwarzblende wieder neben die Felsen.
Und wenn wir schon dabei sind: Forspoken lebt unter anderem viel von seiner Geschichte und den Figuren. Die sind auch, selbst wenn ich persönlich Frey nicht leiden konnte, fast immer gut geschrieben. Mit wenigen Ausnahmen. Da fällt es aber leider umso mehr auf, wenn etwa vor und nach jeder geskripteten Dialogsequenz oder Cutscene eine Schwarzblende kommt und mich aus der Immersion reißt. Natürlich muss das hier kein One-Take wie in God of War sein. Die Häufigkeit in Verbindung mit dem schlechten Schnitt ist mir dennoch sehr aufgefallen.
Viel Für und Wider
Auch wenn es vielleicht nicht ganz rüberkam: Am Ende ist Forspoken ein wirklich solides Action-RPG und man darf nicht vergessen, dass es erst das zweite Spiel von Luminous Productions ist. Es bietet eine hübsche Welt und viele interessante Mechaniken, allen voran das vielseitige Kampfsystem. Auf der anderen Seite leidet das Spiel aber auch unter zahlreichen Kleinigkeiten, die das Spielgefühl insgesamt etwas dämpfen.
So hatte ich zwar meiner Probleme mit der Story und der gewaltigen, aber kargen Open-World, doch trotzdem erzählt Forspoken eine wendungsreiche Geschichte und macht auch sonst in den wichtigsten Bereichen viel richtig. Allein Athia zu durchqueren macht so viel Spaß, dass ich bei anderen Ungereimtheiten, wie den puppenhaften Charaktermodellen, ein Auge zudrücken kann. Schließlich war es aber das innovative Kampfsystem, das mich durch die unzähligen Zauber immer wieder motiviert hat, mich erneut in die Schlacht zu stürzen.
In Verbindung mit den verschiedenen Gamplay-Mechaniken, von denen ich noch eine ganze Menge mehr hätte erzählen können, hatte ich mit Forspoken wirklich Spaß. Wenn ihr also über einige narrative und technische Schwächen hinwegsehen könnt, bekommt ihr mit Forspoken ein Open-World-Abenteuer, das euch auf Kampf- und Gameplay-Ebene immer wieder etwas Neues vorsetzt und über mindestens 30 Stunden gut unterhält.
Ich bin Chris und beschäftige mich für TechRadar vor allem mit den Bereichen Filme/ Serien, TV, Grafikkarten und Gaming - im Speziellen alles rund um Xbox. Ursprünglich habe ich in Stuttgart Film- und Fernsehtechnik sowie Drehbuch-Schreiben studiert. Da ich allerdings nicht nur schon immer großer Filmliebhaber, sondern auch leidenschaftlicher Gamer war und es zudem liebe zu schreiben, habe ich mich für den Journalismus in diesem Bereich entschieden.
Erreichbar bin ich unter der Mail-Adresse cbarnes[at]purpleclouds.de