So beeinflusst Dark Souls das moderne Stealth-Genre

Egal ob im Soulslike oder Stealth-Titeln: Die Konfrontation mit Echtspielerwidersachern ist immer ein Grund für reichlich Adrenalin
(Bildnachweis: FromSoftware, Bandai Namco)

Zu den furchterregendsten Dingen im Leben zählt für mich, neben dem verpassten Geburtstag eines Familienmitglieds (Sorry!) und dem Dead Space Remake (ja, ich bin ein manchmal ein kleiner Angsthase), zweifelsfrei die Benachrichtigung, das in Dark Souls eine Invasion eines anderen Spielers bevorsteht. 

Das geniale PVP-Element, welches sich durch all die grandiosen FromSoftware-Titel wie auch Bloodborne, Demon's Souls und Elden Ring zieht, entstammt gleichermaßen dem genialen Kopf des Regisseur Hidetaka Miyazaki. Spielerisch nutzt er das Gefühl und die Ängste, die ein Hauseinbruch hervorruft – wobei es in dieser Form eher ein digitaler Einbruch ist und das Haus durch die Welt des Spielers repräsentiert wird.

Im Gegensatz zum realen Pendant kennt hier der Infiltrator aber häufig die Umgebung genauso gut wie du auch selbst. Wundere dich also nicht, wenn dein Kontrahent sich bei der nächsten Invasion genau dort positioniert, wo es kein entrinnen gibt. Oder aber dir im Schatten auflauert, oder dich mitten in eine Gruppe von Monstern bugsiert – oh man... es gibt echt viele unschöne Optionen in Dark Souls, den Löffel abzugeben.

Spannend ist aber noch viel eher, wie der Action-RPG-Hit nachhaltig ein ganz anderes Genre beeinflusst hat: Stealth. Je länger man aber darüber nachdenkt, desto mehr Parallelen erkennt man und entsprechend ist es wohl wenig verwunderlich, dass inzwischen auch viele der besten Schleichspiele sich der Invasionsmechanik bedienen.

Jäger und Gejagter

Deathloop bindet das Katz- und Mausspiel zwischen Colt und Julianna auf Wunsch auch mittels PvP-Komponente in dein Abenteuer ein.

(Image credit: Bethesda Softworks)

In den letzten 12 Monaten haben sich großartige Spieleperlen wie Deathloop oder Sniper Elite 5 dem Souls-Feature bedient und so mehr Würze ins Genre gebracht. 

Erste Ansätze hierzu gab es aber schon deutlich eher. So hat bereits Ubisoft im Jahr 2014 mit Watch Dogs und dem Online-Hacking-Modus ein ähnliches Konzept auf die Probe gestellt. Und selbst Hideo Kojima kam nicht umhin sich mit Metal Gear Solid 5 dessen zu bedienen. Hier waren es schließlich die FOB Invasions, die eine Gruppe von Angreifern entsandten, welche Operationsbasen anderer Spieler für wertvolle Ressourcen infiltrierten. 

Wieso gerade das Invasionsfeature so gut zu Action-Stealth-Spielen passt, ist recht schnell erklärt. Gerade bei den zahlreichen Einzelspielererlebnissen bringt das Eindringen eines feindlichen, menschlichen Widersachers jede Menge frischen Wind in den Gameplay-Loop. Fortan müssen sich Spieler nämlich nicht nur gegen bekannte Gefahren wappnen, sondern auch das Überraschungspotenzial einer möglichen Infiltration berücksichtigen. Als Eindringling kannst du dich hingegen darauf freuen, dein Gegenüber in seinem schwächsten Moment zu überraschen und ihm problemlos den Gar auszumachen. Es ist eine denkbar simple Änderung des Bekannten, die aber massive Auswirkungen auf das Spielerlebnis hat.

Entsprechend bringt jeder Titel und ein jeder Entwickler seine eigene Interpretation hiervon hervor und stellt somit die Solomechaniken vieler Stealth-Spiele auf den Kopf.

Spannender ist dabei noch, dass es nur selten ein direktes 1:1-Äquivalent zur FromSoftware-Vorlage gibt. Entsprechend bringt jeder Titel und ein jeder Entwickler seine eigene Interpretation hiervon hervor und stellt somit die Solomechaniken vieler Stealth-Spiele auf den Kopf. In Deathloop sorgt beispielsweise das beidseitige Wissen um die möglichen Ziele in der Welt dafür, dass der Infiltrator seinem Ziel an bestimmten Punkten auflauern kann, in dem Wissen, dass selbiges sich früher oder später ins Waffenvisier begeben wird. 

Was manchmal gar unfair anmuten mag, ist, dass man als Angreifer häufig als Verbündeter der NSCs fungiert. Entsprechend lassen dich selbige in Frieden und können sogar wichtige Informationen zur aktuellen Position des Kontrahenten preisgeben. Überwindest du aber als Verteidiger sowohl NSC-Schergen als auch den PvP-Widersacher kannst du dich damit rühmen und dir wahrlich etwas auf deine Fähigkeiten im Spiel einbilden.

Die Kunst der Maskerade

In bezaubernden Technikland von Watch Dogs könnte hinter jeder Ecke eine Gefahr in Form von Mitspielern lauern.

(Image credit: Ubisoft)

Natürlich kannst du dem Eindringling auch gezielt nachjagen – also zumindest wenn du hohes Vertrauen in deine Fähigkeiten hast – und so aus dem Jäger recht zügig die Beute machen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass du den Invasor zunächst ausfindig machst. Selten ist das Spiel dabei jedoch so nett und gibt dir die passenden Indikatoren. Viel eher ist das Gegenteil der Fall!

In Watch Dogs können Eindringlinge beispielsweise beinahe mit der Spielwelt verschmelzen. Sie tauchen in der NSC-Menge auf den Straßen unter, mimen deren Verhalten nach und machen dir das Ausfindigmachen beinahe unmöglich. Deathloop spielt mit einem ähnlichen Feature. Hier kann Julianna, die direkte Widersacherin unseres Helden Colt, sich der Maskerade bedienen und sich so als beliebiger Mensch in der Welt tarnen. Anschließend lauerst du dann also dem Helden auf, beobachtest ihn auf Schritt und Tritt und wartest nur darauf, dass er wie eine Marionette in einen perfekt getimten Hinterhalt oder etwaige Fallen tappt. 

Dark Souls macht es vor, Stealth-Titel machen es (fast) noch besser nach

(Image credit: Bandai Namco)

Auch diesen Kniff kennt man übrigens bereits aus Dark Souls 3, wo Spieler sich mittels Chamäleon-Zauber als Umgebungsgegenstand tarnen. Und seither traue ich keiner einzigen Urne und Truhe mehr über dem Weg. Ich bin nämlich allemal lieber ein Zerstörer der hübschen Einrichtung als ein Opfer meiner Gutgläubigkeit. 

Gemeinsam haben alle genannten Titel damit aber eine weitere Eigenschaft. So ist in allen drei Spielen die Umgebung viel mehr als hübsches Beiwerk. Viel mehr dient sie aktiv dem PvP-Aspekt dabei, sich noch umfänglicher zu entfalten. Klar weiß man bereits per Mitteilung, dass ein Gegner irgendwo lauern könnte. Doch ist es zweifelsfrei die Ungewissheit um seine Position, die diese Konfrontation so aufregend und spaßig macht.

Ein Meister seines Handwerks

Warum schlussendlich gerade das Invasionsprinzip so gut greift, liegt am Prinzip der Jagd selbst. Denn wie auch schon im eigentlichen PvE-Kontext von Titeln wie Deathloop oder Sniper Elite 5, so befindet sich auch der Invasor einmal mehr auf der Jagd in einem Gebiet, wo er eigentlich gar nichts zu suchen hätte – naja... außer seine Beute eben. 

Und während Colt beispielsweise den Visionären nachjagt, hasten wir als Julianna wiederum eben diesem miesmutigen Hauptcharakter hinterher. Folglich ist die Invasion also nichts anderes als eine komprimierte Form dessen, was wir bereits unzählige Spielstunden im Einzelspieler trainiert haben. Bloß wird diese, durch ihre Unvorhersehbarkeit der Aktionen des Gegenübers, zu einer noch chaotischeren und überaus unterhaltsamen Hatz. 

Als Fan von Stealth-Titeln kann ich abschließend zweifelsfrei bestätigen, dass genau diese Komponente es ist, die moderneren Schleichspielen ihre gewisse Frische verleiht. Und es ist auch der Grund, warum es mich in aller Regelmäßigkeit wieder zu Deathloop und Co. zurückzieht...


Weniger Schleichen und mehr Ballern gibt es in Far Cry 5. Und während der Titel kürzlich sein Fünfjähriges zelebrieren durfte, war Ubisoft sogleich so zuvorkommend und hat dem Open-World-Shooter ein Next-Gen-Update spendiert. Was dich dabei erwartet und ob du die Ballerei deswegen einmal mehr anschmeißen solltest, verrät dir Chris im folgenden Artikel

Christian Schmidt
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