TechRadar Fazit
Trotz gewohnt unterdurchschnittlicher Soulslike-Grafik und einigen Schwächen im Magie-System und dem Umgang mit Loot, schafft es das actiongeladene, rasante Gameplay von Wo Long, einen richtig guten Flow zu erzeugen. Zusammen mit den unzähligen Waffen, Fertigkeiten und der innovativen Willensanzeige, können sich Fans rasanter Kampfsysteme hier für etliche Stunden richtig schön reinfuchsen. Und da der Schwierigkeitsgrad sogar etwas unter dem anderer Genre-Vertreter angesiedelt ist, können auch Neulinge getrost zugreifen.
Pro
- +
Detailverliebte Kampfanimationen in Anlehnung an chinesische Kultur
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Levelsystem birgt umfangreiche Möglichkeiten zur Individualisierung
- +
Guter Schwierigkeitsgrad, der nie überfordert
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Willensanzeige rundet das ohnehin erstklassige Kampfsystem sehr gut ab
Kontra
- -
Optik auf durchschnittlichem Soulslike-Niveau
- -
Inflationärer Umgang mit Loot
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Zauber wirken nicht mächtig genug
Warum können Sie TechRadar vertrauen?
Spielzeit: Etwa 40 Stunden
Release: 03. März 2023
Plattform: PS5, PS4, Xbox Series X|S|O, PC
Preis: 69,99€
Mit Wo Long: Fallen Dynasty bringen Koei Tecmo Games zusammen mit Team Ninja, die hinter Marken wie Dynasty Warriors, Ninja Gaiden und Nioh stecken, nun ihr nächstes Action-RPG. Die immense Ähnlichkeit insbesondere zur Nioh-Reihe ist dabei nicht von der Hand zu weisen. Mich, als jemanden, der vor allem die Soulslikes von FromSoftware gespielt hat, erinnert das Spiel dagegen sofort an Sekiro.
Wie schon Dynasty Warriors spielt sich Wo Long im China der drei Reiche, genauer gesagt gegen Ende der Han-Dynastie ab. So präsentiert dir das Spiel unzählige historische Persönlichkeiten, wie etwa den in China berühmten Kommandeur Zhao Yun, und wirft die in ein düsteres Dark Fantasy-Setting mit Dämonen, Drachen und anderen mythologischen Kreaturen.
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Der (mal wieder) namenlose Held
Du selbst beginnst als einfacher Milizsoldat, der eine Gruppe Dörfler gegen einen Angriff der sogenannten gelben Turbane verteidigt und dabei schwer verletzt wird. Nach dieser kurzen Einführung geht es dann auch schon in den wirklich umfangreichen Charaktereditor. Neben dem Aussehen lässt sich hier auch das Personalpronomen, die Stimme und sogar die Stimmlage auswählen. Zum Glück sind die Zeiten vorbei, in denen man sich, sofern man nicht gerade das Standardcharaktermodell wählt, nichts als eine groteske Ausgeburt der Hölle erstellen konnte. Ja, ich meine dich, Mass Effect!
Dass mein eigener Charakter jedoch namenlos und stumm bleibt, wo ich doch eigentlich so wichtig für die Story bin, hat mich weniger an Nioh als vielmehr an FromSoftware erinnert, wobei selbst die in Sekiro einen Protagonisten mit Persönlichkeit hatten. Schlimm fand ich das allerdings nicht. Die mit Krieg, Mythologie und zahlreichen Figuren vollgepackte Geschichte erzählt Wo Long dabei mit toll inszenierten Cutscenes.
Die übliche Optik eines Soulslike
So schick die aber auch sind, kam ich nicht umhin, auch die Soulslike-typisch eintönige und körnige Optik zu bemerken. Wenn du schon einmal Dark Souls oder ähnliche Games gespielt hast, dürftest du wissen was ich meine. Dadurch heben sich Hinter- und Vordergrund nicht besonders voneinander ab und alles sieht irgendwie gleich aus. Einen nennenswerten Unterschied zwischen Grafik- und Leistungsmodus habe ich ebenfalls nicht entdeckt. Mir erklärt sich das dadurch, dass das Spiel auch noch für Last-Gen-Konsolen herauskommt. PC-Spieler brauchen für 4K60 eine RTX 3080, wobei für die empfohlenen Einstellungen auch ältere Technik ausreicht.
Dafür sehen wiederum die Charaktermodelle wirklich gut aus – trotz einiger auffällig wackliger Körperteile – und auch die englischen Sprecher haben mich durchweg überzeugt. Eine deutsche Vertonung gibt es übrigens nicht, lediglich noch eine chinesische und eine japanische.
Was die Spielwelt angeht, kann es Wo Long aufgrund seines mehr oder weniger realistischen Settings natürlich nicht mit High Fantasy-Welten à la Elden Ring aufnehmen. Daher hat es sich für mich leider nie wirklich ehrfurchtgebietend angefühlt, stehen zu bleiben und mir meine Umgebung mal etwas genauer anzuschauen. Mit zerstörten Dörfern, Gebirgen, düsteren Höhlen, Festungen und derlei, holt Wo Long aber dennoch einiges aus den Gebieten heraus.
Diese erkundest du nicht in einer zusammenhängenden Welt, sondern in einzelnen größeren Open-Schlauch-Leveln, zu denen du über eine Weltkarte auch nach Abschluss der entsprechenden Mission wieder zurückkehren kannst. Das Hub-Dorf, das du im Spielverlauf freischaltest, Nebenschlachtfelder und härtere Versionen bereits abgeschlossener Hauptmissionsgebiete lassen sich ebenfalls über diese Karte besuchen. Letztere versprechen zwar spannenderen Loot, werfen dir aber auch erheblich stärkerer Gegner entgegen, an denen du dir gerade am Anfang deiner Reise die Zähne ausbeißen könntest.
Der Pfad eines Kriegers
Wie bei den meisten Soulslikes, wird sich auch hier durch von Beginn an knallharte Gegner geschnetzelt. Dazu stehen dir verschiedene Nahkampfwaffen mit einem leichten und einem starken Angriff sowie diverse Fernkampfwaffen, Kampfkunsttechniken, Zauber und sogenannte Gottbestien zur Verfügung. Letztere erhältst du meist am Ende einer Hauptmission und lassen sich während eines Kampfes für eine starke Attacke oder andere Effekte beschwören.
Von den Schwertern, Speeren, Hellebarden, Großäxten usw. kannst du bis zu zwei gleichzeitig ausrüsten und während der Kämpfe on-the-fly zwischen ihnen wechseln. Jede Waffe verfügt zudem über eine oder zwei Kampfkünste, womit sich mächtige Spezialangriffe auslösen lassen.
Dein Charakter bewegt sich dabei selbst mit riesigen Keulen noch immer sehr flink, wodurch sich die Kämpfe extrem schnell spielen. In Verbindung mit den verschiedenen Angriffstechniken und dem Kontern, bin ich recht bald in einen richtigen Flow gekommen und wollte den Controller gar nicht mehr aus der Hand legen.
Bei allen Waffen und den Kampfkünsten fällt außerdem sehr stark auf, wie detailverliebt die unzähligen verschiedenen Angriffe animiert sind. Es ist kaum zu übersehen, wie viel Wert die Entwickler auf die Nähe zur chinesischen Kultur und deren Kampftechniken gelegt haben, von denen sie sich inspirieren ließen. Umso trauriger ist es, wenn man bei mehr als einem oder eben einem besonders großen Gegner kaum noch etwas von den beeindruckenden Animationen mitbekommt. Oder checkst du, was hier gerade abgeht?
Neben den Kampfkünsten gibt es fünf Zauberkategorien, die den chinesischen Wandlungsphasen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser entsprechen. Jede Phase hat ihren eigenen Skilltree, wo du bei Levelaufstiegen erhaltene Zauberpunkte ausgeben kannst, um neue Zauber zu lernen.
Um im Level aufzusteigen benötigst du statt Seelen sogenanntes Wahres Ki. Das investierst du allerdings nicht direkt in Attribute wie Stärke und Gesundheit, sondern in eine der fünf Phasen. Jede davon hat dabei unterschiedlich viel Einfluss auf mehrere Werte. So verbessert die Holz-Kraft etwa vor allem deine Lebenspunkte, während die Erd-Kraft deine Gewichtsobergrenze erhöht. Auf diese Weise kann man sich einer der Magie-Phasen genauer widmen, ohne seine anderen Attribute zu vernachlässigen.
Was bei mir aber auch nach meiner zehnstündigen Spielzeit noch immer ständig zu Verwechslungen führt, ist, dass man die Zauber und Kampfkünste aktiviert, indem man die hintere bzw. vordere Schultertaste hält und anschließend eine der Angriffstasten drückt. Mit maximal zwei Kampfkünsten und bis zu vier ausrüstbaren Zaubern sind deine Primärknöpfe, was bei mir auf der PS5 Viereck und Dreieck sind, also gleich dreifach belegt.
Allerdings muss ich zugeben, dass ich alle Zauber, die ich bisher ausprobiert habe, als ziemlich nutzlos empfand. Auch wenn es bei den Elementen ein gewisses Schere-Stein-Papier-Prinzip gegen gegnerische Magier gibt: Wenn ich etwa gegen normale Gegner kämpfe, habe ich es beispielsweise nie als nötig empfunden, meine Abwehr magisch zu verstärken, da ich sie, wann immer möglich, lieber heimlich von hinten absteche – außerdem sieht es immer wieder witzig aus, wenn ich das direkt neben einem anderen Gegner tue, der aber nichts vom lautstarken Ablegen seines Kollegen mitbekommt. Und gegen Bosse ist der Zauber komplett nutzlos, da ich Genre-typisch ohnehin nach wenigen Treffern wieder den Todes-Bildschirm zu sehen bekomme. Von Angriffszaubern will ich gar nicht erst anfangen.
Viel wichtiger sind meiner Meinung nach das Blocken und Kontern. Schon in Sekiro habe ich die unzähligen Fähigkeiten meines mechanischen Arms nie benutzt, da ich das Schwert weitaus effektiver fand. So ist es auch in Wo Long essentiell das richtige Timing zu verinnerlichen und gegnerische Angriffe im richtigen Moment zu Kontern, um den Willen des Gegenübers zu brechen.
Der Wille zählt
Und damit wären wir auch schon bei einem der wichtigsten Features von Wo Longs Kampfsystem. Statt einer Ausdauerleiste gibt es hier nämlich eine Willensanzeige. Diese leert sich durch fast jede Kampfaktion und kann nur durch leichte Angriffe und perfekte Konter schnell wieder aufgefüllt werden. Befindet sich dein Wille im positiven Bereich der Anzeige, verursachst du z. B. mehr Schaden. Rutscht er hingegen durch eingesteckte Treffer oder indem du zu häufig ausweichst in den negativen Bereich, kannst du etwa keine Zauber mehr einsetzen und wirst bei einem Wert von Null sogar für einen Moment handlungsunfähig.
Dadurch ermutigt einen Wo Long permanent dazu, offensiv vorzugehen, um so wiederum den Willen des Gegners zu brechen. Selbst die Bosse verfügen nämlich über eine Willensanzeige. Ist die dann erst einmal durch einen entsprechenden Hagel von Angriffen in den Keller geprügelt worden, belohnt einen das Spiel damit, dem wehrlosen Feind einen verheerenden Gegenschlag verpassen zu können.
Das haut nicht nur ordentlich rein, sondern senkt gleichzeitig auch den Moralrang des Gegners. Dabei handelt es sich um einen missionsgebundenen Wert, der letztlich nur Auskunft darüber gibt, wie viel Schaden man im Vergleich zu einem Feind verursacht. Der eigene Moralrang lässt sich durch verschiedene Aktionen erhöhen oder senken, wirklich beachtet habe ich den aber nie. Entsprechend wenig traurig war ich, wenn er bei einem meiner zahlreichen Bildschirmtode mal wieder auf den Minimalwert sank.
(Nicht wirklich) Gnadenlos
Allerdings – und das ist bezeichnend für meinen nächsten großen Punkt – hatte ich bei Wo Long selten das Gefühl, dass mein Tod wirklich Konsequenzen hat. Wenn ich beispielsweise von einem wütenden Affen zerquetscht oder von einer dämonischen Kuh gefressen wurde, habe ich stets lediglich die Hälfte meines Wahren Ki verloren. Das benötige ich hier aber ausschließlich zum Leveln und nicht auch als Währung zum Kaufen und Aufwerten neuer Ausrüstung beim Schmied. Und da ich es außerdem allein durch das erneute Konfrontieren eines Bosses wiedererhalte, hielt sich mein Frust stets in Grenzen.
Anders gesagt: Wo Long ist deutlich leichter… oder sagen wir, verzeihender als viele andere Soulslikes.
Dafür sorgen noch einige weitere Aspekte. So steht dir während jeder Hauptmission mindestens ein Gehilfe zur Seite, der deine Gegner auch mal für einige Sekunden beschäftigen kann, sodass du Zeit hast, einen Heiltrank zu nehmen. Diese Drachenheilungstöpfe – was für ein ewig langer Name – werden in seltenen Fällen sogar von Feinden fallengelassen und bereits beim Aufstellen neuer Standarten, was Wo Longs Pendant zu den Leuchtfeuern und Schreinen ist, werden deine Gesundheit und die deines Kollegen komplett geheilt.
Rastest du dagegen an einer Standarte, kannst du hier unter anderem deinen Charakter aufleveln, Zauber verwalten, einkaufen, die Weltkarte aufrufen oder online anderen Spielern helfen oder sie überfallen. Außerdem erscheinen natürlich wieder alle besiegten Standardgegner.
Ein ruhmreicher Sieg
Wer die Worte „Soulslike“ und „leicht“ in einem Satz hört, könnte vielleicht bereits an einem Herzinfarkt gestorben sein, ich muss aber zugeben, dass ich den Schwierigkeitsgrad sehr genossen habe. Ich würde es nicht per se als zu leicht bezeichnen, sondern lediglich als weniger masochistisch.
Trotzdem gab es einige Dinge, die mich gestört haben. Die Optik leidet etwa unter denselben Schwächen wie andere Genrevertreter und obwohl Wo Long versucht, so viel wie möglich aus dem China-Setting herauszuholen, kann es dem direkten Vergleich meiner Meinung nach leider nicht standhalten. Auch der stets sehr ähnliche Missionsablauf kann mit der Zeit repetitiv werden.
Dazu kommt, dass ich zwar ständig neue Waffen oder Rüstungen gefunden habe, die sich aber in den allermeisten Fällen so wenig von meiner Ausrüstung unterschieden, dass ich bei jedem Besuch beim Schmied den Großteil meines Inventars direkt verkauft habe. Zwar gibt es mit 13 verschiedenen Waffen aus insgesamt sechs Kategorien sowie leichter, mittlerer und schwerer Rüstung eine gewaltige Auswahl, für mich hat sich die Kombination aus Doppelschwert und Riesenkeule aber seit der zweiten Hauptmission bewährt.
Mit den Zaubern konnte ich leider auch nicht besonders viel anfangen. Dafür finde ich die Idee, das Skillsystem den Magie-Phasen anzupassen, wirklich spannend und nur weil mir die Zauber nichts gegeben haben, erweitern sie dennoch das Gameplay und ermöglichen zusätzliche Spielstile.
Schließlich waren es aber die Detailverliebtheit, die schicken Kampfanimationen sowie die Verbindung aus schnellen, wuchtigen Attacken und perfekt abgestimmten Kontern, die mich von Anfang an in das Spiel hineingezogen haben. Zusammen mit dem noch immer knackigen Schwierigkeitsgrad und der taktischen Komponente der Willensanzeige, um die sich das ganze Kampfsystem spinnt und es zu weit mehr als nur einem „netten Feature“ macht, hat mich Wo Long wirklich überzeugt. Daher kann ich es nicht nur jedem Soulslike-Fan da draußen empfehlen, sondern auch allen, die sich bisher nicht an das Genre herangetraut haben.
Wenn du Lust auf noch mehr Soulslikes hast, könnte vielleicht unser Artikel zum kommenden Armored Core 6 etwas für dich sein, und falls du eine weitere Review von uns lesen möchtest, schau dir an, was Kollege Michael zu Wild Hearts gesagt hat, oder, falls du auf Filme stehst, wie ich den neuesten Teil der Creed-Reihe fand.
Ich bin Chris und beschäftige mich für TechRadar vor allem mit den Bereichen Filme/ Serien, TV, Grafikkarten und Gaming - im Speziellen alles rund um Xbox. Ursprünglich habe ich in Stuttgart Film- und Fernsehtechnik sowie Drehbuch-Schreiben studiert. Da ich allerdings nicht nur schon immer großer Filmliebhaber, sondern auch leidenschaftlicher Gamer war und es zudem liebe zu schreiben, habe ich mich für den Journalismus in diesem Bereich entschieden.
Erreichbar bin ich unter der Mail-Adresse cbarnes[at]purpleclouds.de