Kritik: Creed 3

Auf's Maul gab's schon besser

Creed 3
(Image: © Warner Bros.)

TechRadar Fazit

Nach einem verdammt guten und noch immer sehr packenden zweiten Teil, verschiebt Creed 3 nun die Perspektive und zeigt den Champion, der sich gegen den Underdog wehren muss. Was in Rocky durch die dramatische Inszenierung allerdings sehr gut funktioniert hat, schafft dieser Film leider nicht und entbehrt am Ende, trotz eines wieder einmal unverschämt guten Jonathan Majors, jedweder emotionalen Fallhöhe. Das können leider auch der sonst wirklich gute Cast und die dennoch sehr ansehnlichen Kämpfe nicht ausgleichen.

Pro

  • +

    Interessante Prämisse mit Callback an andere Rocky-Filme

  • +

    Hervorragendes Schauspiel

  • +

    Vor allem Jonathan Majors trägt den Film auf seinem vor Muskeln strotzenden Körper

Kontra

  • -

    Prämisse scheitert jedoch an der Inszenierung

  • -

    Keinerlei emotionale Fallhöhe oder Charakterentwicklung

  • -

    Drehbuch weiß nichts mit den Figuren anzufangen

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Bevor der erste Creed 2015 erschien, gab es viele gespaltene Ansichten darüber. Während sich die einen über eine Fortsetzung des Rocky-Universums freuten, fürchteten andere das weitere Ausschlachten einer ikonischen Filmreihe. Als Creed dann schließlich in die Kinos kam, waren es nicht nur das hervorragende Schauspiel von Sylvester Stallone und Michael B. Jordan, dass die Allgemeinheit von dem Film überzeugen konnte. Es war auch der intensive, nervenaufreibende Boxkampf-Onetake am Ende, der mich persönlich komplett aus den Socken gehauen hat.

Nun erscheint am 2. März 2023 der dritte Teil der Reihe - zu der du unten auch eine Videokritik auf unserem YouTube-Kanal findest -, doch bevor wir zur eigentlichen Kritik kommen, will ich erst einmal erzählen, worum es bei Creed 3 überhaupt geht:

Kritik: Creed 3

Worum geht es?

Creed 3

(Image credit: Warner Bros.)

Adonis Creed hat die Handschuhe inzwischen an den Nagel gehängt und trainiert die nächste Generation an jungen Boxern, während er sich mit seiner Frau Bianca um die gemeinsame Tochter kümmert. Seit seinem Sieg über Viktor Drago ist Adonis unangefochtener Weltmeister und scheint auch im familiären Bereich alles erreicht zu haben. Als dann aber plötzlich Damien auf den Plan tritt, ein alter Freund, mit dem Adonis eine gewisse Vergangenheit teilt, muss er die Boxhandschuhe noch ein letztes Mal anziehen.

Gleich zu Beginn gibt es wieder einen ganz schön inszenierten Kampf und auch die Ausgangssituation mit dem Boxtrainer-Creed und seiner Familie fand ich wirklich interessant. Nachdem Rocky leider gar keine Rolle mehr spielt und auch die Geschichte mit Drago abgehakt wurde, war ich echt gespannt, welche emotionalen Fässer der Film aufmachen wollte.

Was steht hier auf dem Spiel?

Adonis Creed und seine Frau Bianca

(Image credit: Eli Ade/MGM)

Doch da kommen wir leider auch schon zu dem meiner Meinung nach größten Problem der Handlung: Worum geht es überhaupt? Was steht hier auf dem Spiel? Denn obwohl mit Adonis‘ Mutter ein ergreifender Side-Plot aufgemacht wird und es auch hier und da einige Szenen gibt, die den Nebenfiguren etwas zusätzliche Tiefe verliehen, entwickelt sich hier außer Damien niemand in irgendeiner Weise weiter. Bei Adonis würde ich sogar so weit gehen zu sagen, er entwickelt sich eher zurück. Michael B. Jordan, der jetzt erstmals selbst auf dem Regiestuhl sitzt, inszeniert sich als strahlender Held in Weiß, der auf der anderen Seite jedoch emotional völlig unterentwickelt ist und noch immer jedes Problem mit seinen Fäusten lösen will.

Aber gut, ist am Ende ja auch ein Boxfilm, also muss es natürlich auf einen alles entscheidenden Kampf hinauslaufen. Doch wieder die Frage, wieso eigentlich? Der Film gibt sich zwar Mühe, irgendwie die Rivalität zwischen Adonis und Damien zu zeigen, warum der aber überhaupt Champ werden will, ist mir nie klar geworden. Und warum sich Adonis, der ja mittlerweile sein perfektes Leben führt, sich überhaupt erst auf den Kampf einlässt, ist mir auch ein Rätsel. Es wird zwar ein vorgeschobener Grund genannt, wirklich schlüssig ist der jedoch nicht. Damit fehlt hier leider jegliche emotionale Fallhöhe, da es am Ende nichts zu verlieren gibt. Fans solcher Sportdramen und deren Klischees dürfte das weniger stören, ich habe mich nach dem Kinobesuch aber gefragt, „was wollte mir dieser Film eigentlich gerade erzählen?“

Das Schauspiel überzeugt

Der Antagonist, Damien

(Image credit: Warner Bros.)

Der Hauptgrund, warum ich nicht schon viel früher ausgestiegen bin, ist der verdammt gute Cast. Alle Darsteller machen einen wirklich guten Job, die Chemie zwischen Adonis und seiner Familie hat funktioniert und gerade das Casting des jungen Adonis fand ich extrem passend. Wie es aber bereits bei Ant-Man 3 der Fall war, zu der mein Kollege Christian und ich auch einen Movie-Talk gemacht haben, stiehlt Jonathan Majors als Antagonist erneut allen anderen mit weitem Abstand die Show.

Dabei weiß ich wirklich nicht, ob ich mich über die Jobwahl dieses Mannes freuen oder ihn bemitleiden soll. Beide Filme haben mit riesigen Schwächen zu kämpfen, werden durch ihn aber enorm aufgewertet. Ich wette, wenn er als Kang einmal seinen gestählten Oberkörper gezeigt hätte, hätte die Ant-Family mit ziemlicher Sicherheit sofort freiwillig aufgegeben. Neben dieser furchteinflößenden Erscheinung bringt er aber auch ein Charisma und eine Ernsthaftigkeit in seine Rolle, die mich ihm bei jeder Dialogzeile und jedem Schlag gebannt zuschauen ließ. Gerade im Ring war es für mich als Box-Laien sehr spannend zu sehen, dass Damien einen ganz eigenen Kampfstil zu haben scheint. 

Umso trauriger ist es, dass das Drehbuch ihm in den meisten Szenen nicht wirklich Fleisch gibt. Neben einer wirklich guten Szene mit Tessa Thompson, in der sich eine hochinteressante Parallele zwischen den beiden zeigt, bleibt die Motivation hinter Damiens Wut, wenngleich sie hervorragend gespielt ist, bis zum Ende unklar. Es hätte der Figur eine spannende Facette geben können, irgendwann zu erkennen, dass Erfolg allein ihm seine Zeit im Gefängnis nicht wieder zurückgeben kann. Stattdessen beginnt er Fans um sich zu scharen und hat für eine Szene sogar eine Frau an seiner Seite, die bezeichnender Weise keine einzige Zeile Dialog bekommt.

Damit wird Damien als gerade böse genug gezeichnet, um Adonis einen Grund zu geben, ein weiteres Mal in den Ring zu steigen - nicht jedoch ohne die obligatorische Trainingsmontage, die in jedem guten Boxfilm vorzukommen hat. Was mir hieran jedoch gefallen hat, war, wie Damien sich Adonis‘ Kampfstil anschaut und sich so auf den Kampf vorbereitet. Statt einfach nur zu pumpen, zeigt das etwas mehr von der taktische Komponente des Sports.

Nicht alle guten Dinge sind drei

Adonis Creed und Damian Anderson stehen im Ring

(Image credit: Warner Bros. Pictures)

Besagter großer Kampf war packend inszeniert, konnte aber leider wieder nicht mit dem aus Teil 1 mithalten. Dazu kamen völlig unpassende CGI-Effekte, die sich mir wirklich nicht erschlossen haben. Dafür konnte der Sound mich mit seinen wuchtigen Schlägen mehr überzeugen und ein zwei schöne Bilder zaubert der Film ebenfalls auf die Leinwand. Diese Dinge schaffen es aber leider nicht, die Ideenlosigkeit des Drehbuchs auszugleichen.

Und das, obwohl die Prämisse unzählige Ähnlichkeiten mit den anderen Rocky-Filmen aufweist, nicht zuletzt mit Teil 1. Es gibt den amtierenden Champion namens Creed, der einem gesellschaftlich schlechter gestellten Underdog die Chance auf einen großen Kampf bietet. Der Unterschied ist, dass Rocky die Geschichte des Underdogs, Creed 3 nun aber die des Champions erzählt.

Das hätte funktionieren können. Jonathan Majors ist wieder, wie bereits in Ant-Man 3, der große Silberstreif am Horizont und auch durch die zumeist ansehnlichen Kämpfe und das hervorragende Schauspiel würde ich den Film nicht als Katastrophe bezeichnen. Allerdings stolpert die Handlung an zu vielen anderen Stellen und nicht zuletzt daran, dass hier absolut nichts auf dem Spiel steht.

Eine Geschichte lebt immer von ihren Figuren und ihren Konflikten untereinander und mit sich selbst. Wenn es wie hier aber egal ist, ob der Protagonist, mit dem ich als Zuschauer mitfiebern soll, gewinnt oder verliert, bin ich auch nicht emotional investiert.

Dementsprechend unbefriedigend ist das Ende und selbst der letzte große Dialog zwischen Adonis und Damien verschenkt das letzte bisschen Potenzial. Noch während der Szene dachte ich mir, „hast du nicht vorhin noch das gesagt, aber jetzt sagst du plötzlich das?“ Dabei hätte es doch gerade die Beziehung dieser beiden alten Freunde sein sollen, die Creed einen wirklichen Grund gibt, die Boxhandschuhe ein weiteres Mal aus dem Regal zu holen. So kann ich am Schluss aber nur empfehlen, dem Mann dieses Mal seinen Ruhestand zu gönnen.

Christopher Barnes
Redakteur

Ich bin Chris und beschäftige mich für TechRadar vor allem mit den Bereichen Filme/ Serien, TV, Grafikkarten und Gaming - im Speziellen alles rund um Xbox. Ursprünglich habe ich in Stuttgart Film- und Fernsehtechnik sowie Drehbuch-Schreiben studiert. Da ich allerdings nicht nur schon immer großer Filmliebhaber, sondern auch leidenschaftlicher Gamer war und es zudem liebe zu schreiben, habe ich mich für den Journalismus in diesem Bereich entschieden. 


Erreichbar bin ich unter der Mail-Adresse cbarnes[at]purpleclouds.de