10 Tage mit dem Huawei Mate XS: unser erster Test des neuesten faltbaren Smartphones

Tag drei: Ich habe ein 2500-Euro-Handy fallen lassen

In den ersten Tagen mit dem Huawei Mate XS habe ich es verhätschelt. Das Foldable hat in einer Mikrofaserhülle gelebt. Nichts allzu Festes oder Schützendes, aber ich habe es nicht auf irgendwelchen Oberflächen abgelegt, ohne dass es von etwas Weichem gepolstert wird. Ich habe es wie ein Neugeborenes behandelt. Tu das genauso, und das Smartphone wird großartig aussehen - mein Mate XS ist am dritten Tag völlig ohne Kratzer.

Am Nachmittag wollte ich es jedoch einmal ohne Schutzhülle ausprobieren, damit ich eine Vorstellung davon bekomme, wie kratzfest es wirklich ist. So sehr es mich auch schmerzte, begann ich, es direkt auf Oberflächen zu legen und direkt in die Taschen von Jeans und Jacken zu stecken. Am Abend benutzte ich das Klapphandy wie ein echtes Telefon, ich schob es in meine Tasche, zog es heraus, öffnete und schloss es nach Belieben - es war ein Traum, bis...

Stelle es dir bildlich vor - ich befinde mich in einer Küche (mit Fliesenboden). Ich ziehe das Mate XS aus der Tasche, öffne es - und es klingelt an der Tür. Ich lasse meine Hand, die das Telefon hält, bis zur Taille sinken und gehe hinüber zur Tür. Was ich jedoch nicht bemerke, ist, dass eine verängstigte Katze zwischen meinen Beinen hindurchflitzt - sie hasst Fremde und somit auch Türklingeln.

Ich stolpere, falle fast hin, kann mich an einem Stuhl abfangen, allem voran: die Hand, die das Klapphandy hält ... es fällt aus etwa einem halben Meter Höhe. Das flache, ungefaltete Display schlug gegen eine Wand, die den Aufprall anscheinend verteilt hat, als es abprallte und auf den gefliesten Boden fiel.

Das Herz rutschte mir in die Hose. Es war erst der dritte Tag, und ich hatte das teuerste und exklusivste Telefon kaputt gemacht, das ich je benutzt habe! ... Warte, nein, nein, habe ich nicht?

Als ich das Mate XS umdrehte, funktioniert der Bildschirm einwandfrei. Es lässt sich zusammenklappen, es gibt keine Dellen auf dem Display oder am Metallrahmen. Ich bin mir nicht ganz sicher, wie, aber es sieht so gut wie neu aus...

Tag vier: Party-Tricks

Beim Abendessen nach vier Tagen kann ich sagen: ich bin mit dem zufrieden, was das Mate XS kann und was nicht. Es kann fantastische Bilder aufnehmen; die 40 MP-Hauptkamera hebt sich vom Huawei Mate 30 Pro und P30 Pro ab, das ist also kein Wunder.

In Kombination mit dem 16 MP Ultra-Weitwinkelobjektiv und dem 8 MP Teleobjektiv ist es ein sehr gutes Kamerahandy, wie die Beispielbilder unten zeigen.

Es ist auch eine schöne Sache, Zeitschriften auf dem aufgeklappten Huawei Mate XS zu lesen. Die Kindle-App zum Beispiel funktioniert großartig, und zu meiner Prime-Mitgliedschaft gehören Titel wie das Time Magazine - das auf einem Telefon nie besser aussah.

Auch Video ist ein echter Leckerbissen auf dem faltbaren Smartphone. Obwohl Netflix offiziell nicht unterstützt wird, habe ich eine APK gefunden, die gut funktioniert - wenn auch ohne Unterstützung für Downloads. Amazon Prime Video ist jedoch voll funktionsfähig, ebenso wie der BBC iPlayer.

Wenn du es in der Öffentlichkeit herausziehst, passiert nichts - niemand zuckt zusammen. Als Telefon ist es so unglaublich telefonisch, dass die Leute sich nichts dabei denken. Erst als ich es öffnete und über den Tisch reichte, um einem Freund ein Bild zu zeigen, haben die Leute gestöhnt und geflucht.

Dann gibt es die Erfahrung, dass das Fotografieren jenseits der Kamera selbst anständig ist: Huawei's Kamera-App wurde erweitert, um die Vorteile des Klappbildschirms zu nutzen, so dass man sich beim Fotografieren von Freunden selbst sehen und posieren kann.

Auch ohne Google ist das Mate XS ein ernstzunehmender Publikumsliebling.

(Image credit: TechRadar)

Tag 5: Akku-tastisch

Zwei Akkus halten das Mate XS am Leben, einer in jeder der beiden Klapphälften. Zusammen ergeben sie eine Gesamtkapazität von 4.500 mAh, was für ein Smartphone oder ein kleines Tablet eine beachtliche Kapazität darstellt.

Besser noch, die beiden Akkus ermöglichen Ladegeschwindigkeiten von 55 W. Das bedeutet, dass du das Gerät in etwa einer halben Stunde um 80 % aufladen kannst.

Ein Handy, das den ganzen Tag hält, sich in ein Tablet verwandelt und sich sehr schnell auflädt - wo ist der Haken? Nun, aus Sicht des Akkus gibt es keinen wirklichen Haken als solchen. Sicher, hier gibt es keine drahtlose Aufladung. Aber ich persönlich würde lieber die kabelgebundene Geschwindigkeit von 55 W nehmen als die 25 W des Samsung Galaxy S20 Plus - und in diesem Fall gern auf die drahtlose Aufladung verzichten.

Tag sechs: meisterhaftes Multitasking

Etwas, das ich selten getan habe, ist die Verwendung von Split-Screen-Multitasking in der realen Welt.

Das einzige Smartphone, auf dem ich die native Android-Funktion für geteilten Bildschirm unterwegs aktiviert habe, war das extralange Sony Xperia 1*. Die beiden Hälften sind angesichts der Höhe des Telefons auf seltsame Weise nutzbar. Das war, bis ich anfing, das Huawei Mate XS zu benutzen.

Klappe das Mate XS auf, wische von der linken oder rechten Seite nach innen und es erscheint eine Shortcut-Leiste. Du kannst diese mit Anwendungen füllen, ziehe die benötigten einfach in den Rahmen - eine auf die linke, eine auf die rechte Seite des Bildschirms.

(Image credit: TechRadar)

Jede Hälfte des Telefons ist so groß wie ein vollwertiges Smartphone im Hochformat, und die Möglichkeit, ein schwebendes Fenster darüber zu ziehen, ist nur das Tüpfelchen auf dem i. WhatsApp in der einen Hälfte, Google Maps in der anderen - abgerundet durch einen schwebenden Rechner - ideal für die Planung einer bevorstehenden Reise durch Irland mit einer WhatsApp-Gruppe, wie in meinem Fall.

Die schwebenden Apps funktionieren auch im Telefonmodus, was sich beispielsweise als nützlich erweisen kann, wenn du Spotify als schnelles Popup-Fenster starten möchtest, während deine Fitness-App im Hintergrund läuft.

Huawei kann Hardware und Software. Das war noch nie so offensichtlich wie beim Huawei Mate XS - nicht ein einziges Mal ist das Smartphone durch einen Bug abgestürzt.

Tag sieben: Sind die Schwächen es wert?

Es besteht kein Zweifel, das Huawei Mate XS wird durch das Fehlen von Google klein gehalten. Trotzdem hätte ich lieber so eins als das Samsung Galaxy Fold, das freien Zugang zu Google Mobile Services hat.

Warum? Das Galaxy Fold ist kein gutes Smartphone, meiner Meinung nach ist das Frontdisplay zu klein. Das Mate XS hingegen ist ein größeres Tablet als das Fold, mit 8 Zoll gegenüber 7,3 Zoll; ein größeres Telefon  mit 6,6 Zoll gegenüber 4,6 Zoll und im geschlossenen Zustand schmaler: 11 mm statt 15,5 mm.

Was die Clamshell-Foldables wie das Galaxy Z Flip und das Motorola RAZR betrifft, so sind sie zwar kompakt, aber sie leisten nicht viel, was herkömmliche Smartphones nicht auch können. Der saftige Preisaufschlag ist es einfach nicht wert.

(Image credit: TechRadar)

Deshalb muss Huawei für die Hardware des Mate XS wirklich bejubelt werden. Allerdings ist es nicht ohne Fehler. Die Scharnierelemente sehen auf beiden Seiten wie ein Stift aus - die Leute werden versuchen, sie herauszuziehen.

Auch der anfällige Kunststoff-Bildschirm des XS zerkratzt leichter als Glas, das ist erwähnenswert. Wenn du es fünf Tage lang ohne Schutzhülle nutzt, ist eine leicht ausgefranste horizontale Spur von Scharnier zu Scharnier erkennbar.

Wenn der Bildschirm eingeschaltet ist, kannst du sie nicht erkennen, aber wenn das Licht sie bei ausgeschaltetem Bildschirm genau richtig (in dem Fall wohl eher "falsch") einfängt, sieht es wie eine Reihe von Mikrokratzern aus. Beunruhigend? Das hängt davon ab - ich persönlich bin beeindruckt, dass es nicht schlimmer ist.

Ich hatte erwartet, dass das Smartphone bei echten Taschen, Tischen und dem schmerzhaften Sturz, den ich ihm zugefügt habe, schlecht abschneiden würde. Das Huawei Mate XS ist definitiv zerbrechlicher als traditionelle Smartphones, aber es ist auch viel beeindruckender.

Tag zehn: Ich habe Google - endlich!

Nach zehn Tagen, die ich mit dem Huawei Mate XS verbrachte und dabei die ganze Zeit das XDA-Entwicklerforum im Auge hatte, gab es schließlich einen neuen Google Mobile Services-Hack für das Mate 30 Pro, den ich ausprobieren kann.

Google hat in den letzten Monaten jeden Hack blockiert, der in Erscheinung getreten ist. Die Tatsache, dass andere Nutzer mit diesem neuen Hack Erfolg hatten, gab mir Hoffnung.

Ich habe es ausprobiert, und weißt du was? Es hat tatsächlich funktioniert. Nun, allerdings nur unter Vorbehalt. Jedes Mal, wenn ich das Handy neu starte, verliere ich den Google-Zugriff und muss das Telefon löschen und von vorn anfangen.

Bei jedem anderen Smartphone wäre das ein Hindernis gewesen. Für mich, speziell angesichts der Aussicht, das Mate XS zu benutzen, ist dies nur ein starker Anreiz, es niemals abzuschalten.

Und so gehe ich nun durch die Welt und entferne mich faltend von den kompletten Google Mobile Services, mit dem meiner Meinung nach fortschrittlichsten Smartphone, das du für Geld kaufen kannst, mit einer Powerbank im Rucksack - nur für den Fall.

Schlusswort

Das Mobilgeschäft von Huawei wurde erschüttert, sogar sehr stark. Das Unternehmen musste sich 2019 mit einer beispiellosen Software-Herausforderung auseinandersetzen, kurz nachdem es sich 2018 weltweit als Nummer zwei der Smartphone-Verkäufer etablierte - und Apple einen Platz auf dem Podium gekostet hatte. Das ist ein Sturz in Ungnade.

Aber das Huawei Mate XS lebt in einer kleinen Blase - der Blase von fatlbaren Handys, die sich in kleine Klapptablets verwandeln. Allein die Tatsache, dass es das beste Telefon in dieser Blase ist, zeigt, warum man trotz des ganzen Dramas Huawei immer noch Aufmerksamkeit schenken sollte.

* Link englischsprachig

Franziska Schaub
Chefredakteurin

Hallöchen, ich bin Franzi.

Als Chefredakteurin bei TechRadar Deutschland bin ich unter anderem verantwortlich für die Bereiche Smartphones, Tablets und Fitness.


Wenn ich nicht gerade nach neuesten News für euch das Internet durchforste oder frisch gelaunchte Geräte teste, backe ich, tauche ein in die Welt von Azeroth, schmökere in Romanen auf meinem Kindle Paperwhite oder sitze mit einer Tasse Tee gemütlich auf dem Sofa, ganz im Sinne von Netflix & Chill. Dazu eine schlafende Katze auf dem Schoß und ich bin glücklich.


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