Sea of Stars im Test: Rollenspieltradition trifft auf modernen Witz

Balsam für Herz und Seele

Sea of Stars Key Artwork
(Image: © Sabotage Studio)

TechRadar Fazit

Sea of Stars ist die nächste große Indie-Perle im Jahr 2023, die dich mit einem entzückenden Abenteuer voller Lacher, Gefahren und packender Wendungen beglückt. Trotz offensichtlicher Orientierung an JRPG-Klassiker ist Sea of Stars hierbei aber weit mehr als die Summe seiner Teile, auch wenn ausgerechnet die Protagonisten wohl nicht jedermann zusagen dürften.

Pro

  • +

    Kämpfe à la "Easy to Learn, Hard to Master"

  • +

    Grandioser Soundtrack und erstklassiges Design

  • +

    Spannend geschriebene Geschichte, die durch ihre kecken Momente brilliert

Kontra

  • -

    Hauptprotagonisten im Vergleich zum Rest recht blass wirkend

  • -

    Charakterindividualisierung wäre in Anbetracht der Besinnung an die Wurzeln wünschenswert gewesen

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Infos zum Test:

Getest auf: PC
Verfügbar für: Nintendo Switch, PS5, PS4, Xbox Series X|S, Xbox One, and PC
Veröffentlichungsdatum: 29. August 2023

Während die Helden von Sea of Stars, Valere und Zale, sich darauf vorbereiten, einem gigantischen Wurm entgegenzutreten, tönt im Hintergrund ein temporeicher, voranpreschender Soundtrack vor sich hin und entfaltet sich in den folgenden Sekunden zu einer dramatischen Partitur. 

Die Art und Weise, wie hierbei nur der erste von vielen Bosskämpfen im Spiel eingeleitet wird, spricht in Sachen Inszenierung schon einmal für die Qualität des Titels. Passend zum Track zerschmettert eben jener böswilliger Wurm schließlich noch die Seiten der Arena und so eskaliert in den darauffolgenden Minuten die Konfrontation, aus der nur eine Partei siegreich hervorgehen konnte. Und erwartungsgemäß triumphieren so unsere Helden nach einem packenden Hin und Her schließlich über einen kurz darauf verendenden Wurm. Sieg! Der Kampf war gewonnen ... und die Euphorie war immens, während ich meinen Controller im Jubel in die Luft streckte.

Genau das ist die Magie, die im Herzen von Sea of Stars steckt. Dieses Indie-Juwel von Sabotage Studio weiß genau, wie man rundenbasierte Kämpfe zu gestalten hat, sodass sich ein Spannungsbogen aufbaut und schließlich entlädt, um für die volle Packung Adrenalien und einen entsprechenden Freudentaumel zu sorgen – das ist es, was einige der besten JRPGs ausmacht und was auch Sea of Stars gekonnt präsentiert.

Sea of Stars dreht sich um Abenteuer und bietet atemberaubende Pixelkunstgrafiken, vielfältige Orte sowie eine einfache, aber dennoch packende Erzählung. Sabotages neuestes RPG ist aber keineswegs nur eine bloße Hommage an die Klassiker früherer Tage, sondern weiß sich gekonnt mit einem eigenen Gestaltungsansatz von den bekannten Dragon Quest- wie Final Fantasy-Ablegern abzusetzen. Und so wählt man bewusst einen ganzheitlichen Gestaltungsansatz, der die Welt als weitreichend, bodenständig und zusammenhängend präsentiert.

Sea of Stars macht sich auch den Zeitgeist zunutze und hat so eine Reihe moderner Twists parat, die beispielsweise in die Schreibweise eine gewisse freche, gar schon respektlose Tonalität einfließen lassen, wie man sie bereits aus dem Indie-Klassiker Undertale kennt und womöglich auch liebt.

Hintergrund-NPCs sind tatsächlich einmal mehr als bloße Statisten und Füllelemente, sondern haben Dialoge, die Sinn ergeben und zur Konsistenz des Weltendesigns beitragen. In alter JRPG-Tradition bieten aber selbst die noch so kleinen Städte immer wieder Bereich, die es sich abzugrasen lohnt, wo doch hinter jeder Ecke das nächste gewinnbringende Item für die Progression im Spiel liegen kann.

Aber wo ich gerade über die Eigenheit der NPCs zu sprechen kam, kann ich natürlich keinesfalls unerwähnt lassen, dass auch die individuellen Animationen eben dieser dazu beitragen, dass sie sich eigen und besonders anfühlen. Weiter verstärkt wird dieser Effekt durch die Charakter-"Stimmen", die durch unterschiedliche Textklänge für den jeweiligen Sprechenden vermittelt werden. Eben diese kleinen Details tragen dazu bei, dass Sea of Stars die nötige Tiefe erhält und viel mehr ist als eine Hatz von einem Kampf hin zum nächsten.

Besonders cool: Sea of Stars macht sich auch den Zeitgeist zunutze und hat so eine Reihe moderner Twists parat, die beispielsweise in die Schreibweise eine gewisse freche, gar schon respektlose Tonalität einfließen lassen, wie man sie bereits aus dem Indie-Klassiker Undertale kennt und womöglich auch liebt. 

Charaktere können so kleinere, subtile Anspielungen auf Umgebungsdetails machen oder im Falle eines konkreten NPCs auch gern einmal die vierte Wand komplett durchbrechen. Eben diese Charakteristik macht Sea of Stars zu einer recht frischen Angelegenheit, obwohl natürlich auch viele altbekannte Stärken des Genres einfließen. Insgesamt schafft Sabotage Studios aber immer wieder zu offenbaren, dass Sea of Stars eben doch etwas ganz Eigenes ist.

Aufs Timing kommt es an ...

Zale, Valere und Garl kämpfen gegen den Ältesten Nebel

(Image credit: Sabotage)

Unter seiner pixeligen Oberfläche begeistert Sea of Stars mit mutigen Innovationen und wagt es so doch tatsächlich, Genres (gekonnt) zu vermischen, um etwas Frisches und Neues zu schaffen. Obwohl die Kämpfe hierbei rundenbasiert sind, belohnt das Spiel dich unterdessen für gutes Timing – bei Angriff sowie Verteidigung. Auf Knopfdruck kannst du so zur rechten Zeit Boni erhalten, welche die sonst so routinemäßigen Kampfabläufe mit Achtsamkeit und Spannung auflockern. 

Die Fähigkeiten deiner Protagonisten folgt eben diesem Muster ebenfalls und erfordert so, dass du Knöpfe drückst oder kurzfristig hältst, solltest du dazu aufgefordert werden. Isoliert betrachtet ein recht simples und gar repetitives Minispiel, im Kontext der Kämpfe aber eine gelungene Auflockerung, die nicht nur Taktik, sondern auch Reaktionsfreudigkeit verlangt. Außerdem lernst du so die individuellen Vorzüge deiner Charaktere kennen, was besonders viel Freude bereitet, insofern du einmal ihre Künste gelernt hast und dich mit deiner Erfahrung durch die Feindeshorden prügelst.

Unser Highlight:

The party move through the overworld past an immense sleeping dragon

(Image credit: Sabotage)

Unsere Heldentruppe steigt im Spielverlauf in ein Tal hinab und passiert hierbei einen gigantischen Drachen namens "The Sleeper". Die Nähe zu eben diesem schläfrigen Titan saugt uns hierbei unweigerlich tiefer in die Welt von Sea of Stars und deutet mit dieser pikanten Begegnung auf ein ganzes Universum voller Mythen und Potenziale – und ganz nebenbei beweisen die Entwickler so, dass Sprites genauso beeindruckend sein können wie Polygone.

Kämpfe in Sea of Stars bieten in jedem Fall zufriedenstellen Tiefgang, was allein schon beim Ansatz rund um die normalen Angriffe deutlich wird. Trifft man einen Widersacher mit einer eben solchen Attacke, stellst du nicht nur MP (die Zauberkraft-Ressource) wieder her, sondern erzeugst auch sogenanntes Live Mana, was daraufhin genutzt werden kann, um die Angriffe und Fähigkeiten deiner Charaktere weiter zu boosten. In gewisser Hinsicht ähnelt diese Aktionsökonomie dabei der von Ocotopath Traveler 2, wo deine Mitstreiter ebenfalls von einer Boost-Option profitieren, die grundlegende Angriffe und einzigartige Fähigkeiten der Charaktere verstärkt.

Schlussendlich steckt in Sea of Stars aber noch mehr hinter dieser Funktion, wo sie doch auch ein elementarer Bestandteil ist, um mit den "Locks" umzugehen. Eben dieses System ist immerhin ein Schlüsselelement, um Kämpfe gegen stärkere Kontrahenten zu übersehen, wo es doch kritische Attacken abmildern oder gar gänzlich verhindern kann. Ausgelöst wird dieser Vorteil durch die geschickte Aneinanderreihung von Schadensfähigkeiten zur rechten Zeit, wobei ein Zähler im Kampf die nötige Übersicht gewährt und taktisches Vorgehen erlaubt. 

Im Einklang mit den besten Traditionen rundenbasierter Rollenspiele fühlen sich die Kämpfe in Sea of Stars demnach wie dramatische, temporeiche Rätsel an, die Spieler fordern, effiziente Lösungen für immer komplexere Bedrohungen zu finden.

Die Freiheit der Vorgehensweise wird leider ein wenig durch die mangelnde Charakteranpassung gehemmt. Zwar kannst du nach Levelaufstieg wählen, welche Statistik du bei einem jedem Truppenmitglied weiter voranbringen magst, die Auswahl der Fertigkeiten wird hingegen eher durch Storyfortschritt, statt durch Spielentscheidungen bestimmt. Es ist ein ungewohnter Ansatz für ein JRPG, den man durchaus auch gut finden kann – persönlich hätte ich mir aber doch noch etwas mehr Freiheit diesbezüglich gewünscht ...

Geht die Mischung auf?

Wie schon angeschnitten, versucht Sea of Stars mit allerlei Aspekten die Genregrenzen verwischen zu lassen und webt so Techniken aus einem reichen Angebot moderner Spieletitel ein, um trotz Besinnung auf JRPG-Traditionen auch immer wieder frischen Wind erkennen zu lassen.

Beispielsweise legt der Titel so auch einen großen Schwerpunkt auf die Durchquerung und Erkundung von Dungeons, die an die genialen Äquivalente von Legend of Zelda: Tears of the Kingdom erinnern und ebenso der Spielerschaft erlauben, die Welt im Anschluss mit neuen Gegenständen auf eine frische, interessante Art und Weise zu erkunden – oder eben mit ihr zu interagieren.

Beispiel gefällig? Ein Greifhaken, den du in einer Nekromanten-Höhle findest, ist ein besonderes Highlight: Er ermöglicht nicht nur das Lösen der Rätsel des Dungeons, sondern gibt dir auch ein Werkzeug an die Hand, um im Kampf die Oberhand über Feinde zu gewinnen. Gewissermaßen wird man hier also gleich mehrfach belohnt!

Die Story wiederum vereint einerlei bekannte JRPG-Tropes mit eher unkonventionellen Einwürfen. Auch hier gibt es natürlich Beispiele: Direkt zu Beginn starten wir unsere Quest ja bekanntermaßen mit den übermächtigen Solstice-Kriegern Valere und Zale, treffen hierbei aber recht zeitnah auch auf Garl, einen ehrlichen jungen Mann, der das Kochen liebt, gern einmal auf neue Bekanntschaften trifft und auch sonst recht lebensfroh scheint ... was irgendwie so gar nicht zu der epischen Quest zur Bekämpfung des großen Bösen passen mag ...

Ein nicht-magisches Gruppenmitglied zu Beginn an Bord zu haben, hilft außerdem dabei, das Abenteuer einmal in einen breiteren Kontext zu setzen

Augenscheinlich direkt aus Animal Crossing übernommen, beschert Garls Frohmut aber eine dringend nötige Balance, welche die sonst so stoische Entschlossenheit von Valere und Zale ausgleicht.

Ein nicht-magisches Gruppenmitglied zu Beginn an Bord zu haben, hilft außerdem dabei, das Abenteuer einmal in einen breiteren Kontext zu setzen, wo doch hiermit auch die Sicht eines Durchschnittsbürgers gewährt wird. Zeitgleich verleiht Garls sanftmütige Natur dem Titel wie auch den Geschehnissen aber vor allem eine überaus menschliche Note, die ich so in meinem bisherigen Playthrough nicht missen wollte.

Der Piratentrupp war eines der Highlights meines bisherigen Playthroughs

(Image credit: Sabotage)

Sea of Stars scheut insgesamt nur selten vor dem Rückgriff bekannter Tropen zurück, mischt diese nur allzu gern und legt sie ebenso schnell wieder ab, sollte es dem weiteren Verlauf dienlicher sein. 

Deutlich wird eben dieses Prozedere recht früh im Spiel, wo wir mit unserer Gruppe hierbei doch auf einen Trupp äußerst charmanter Piraten treffen, die nicht einmal vor der vierten Wand zurückschrecken. Anfangs werden sie allerdings nur als Comedy-Element eingestreut und abgetan, im späteren Verlauf wandelt sich eben diese Präsentation aber doch schlagartig, wo es doch vom gemütlichen Handelshafen hin zur trostlosen Spukinsel geht. 

In eben diesem Kontext erhält die bisherige Charakterisierung des Trupps einen völlig neuen Anstrich, wo die Piraten hier doch eher als Hoffnungsbringer und Trostspender in einer sonst so düsteren Umgebung dienen. Und auch die von Trauer erfüllten Gäste der Taverne werden so für einen kleinen Moment von ihren Sorgen abgelenkt, wenn auch nur von diesen verrückten Piraten. Sea of Stars steckt voller solcher Momente des theatralischen Kontrasts und profitiert enorm davon.

Dieses Gespür für Theatralische zieht sich durch die gesamte Welt von Sea of Stars. Jeder Handlungsstrang ist von melodramatischen Elementen eines JRPGs durchzogen, wird aber nie hierdurch zurückgehalten, was dem Spiel gelegentlich erlaubt, Genregrenzen zu verwischen und über die etablierte JRPG-Formel hinauszugehen. Klar, die Hauptfiguren sind mir bisher manchmal doch etwas zu blass und auch das Fehlen der ein oder anderen Anpassungsoption lässt eine kleine Träne meine Wange hinuntergleiten, insgesamt sind das aber nur minimale Kritikpunkte, die überhaupt erst entlang der hohen Qualität des restlichen Konstrukts, was Sea of Stars als absolut erstklassiges RPG darstellt, deutlich werden. 

Wer nach einem gelungenen Mix aus altbekannter Qualität und eigener Identität sucht, ist mit diesem gemütlichen Abenteuer bestens beraten.

Zugänglichkeitsoptionen

Sea of Stars gewährt Zugänglichkeit durch eine Auswahl hilfreicher Gegenstände!

(Image credit: Sabotage)

Sea of Stars bietet zwar keine Unterstützung für Farbenblinde oder Personen mit Sehbehinderung, aber zumindest eine Reihe von Möglichkeiten, die das Spielerlebnis auf Wunsch hin zugänglicher gestalten können.

Ähnlich wie auch in Final Fantasy XVI erhältst du so bei Sea of Stars Relikte, die den Schwierigkeitsgrad anpassen können. Beispielsweise schwächt man so die Quick-Time-Elemente ab oder entfernt sie auf Wunsch komplett, an anderer Stelle erlaubt man der Gruppe sich zwischen Kämpfen zu heilen, um nicht vorzeitig beim nächsten Überfall ins Gras zu beißen. 

Insgesamt wäre hier zwar noch etwas Luft nach oben, trotzdem liegt aber schon einmal eine Auswahl pfiffiger Elemente vor, die das Spielerlebnis gekonnt individualisierbar und damit zugänglicher macht.

So haben wir Sea of Stars getestet

Ich habe aktuell etwas mehr als 10 Stunden in Sea of Stars verbracht und somit schon den ein oder anderen Bosskampf hinter mir. Ebenso konnte ich einige Dungeons erkunden, Rätsel bewältigen und einen beträchtlichen Teil der Geschichte durchleben. 

Getestet wurde Sea of Stars auf dem PC in Verbindung mit einem Xbox Wireless Controller, was erwartungsgemäß ohne Probleme funktioniert hat. 

Während meines bisherigen Playthroughs habe ich zudem schon das Angelspiel ausprobiert sowie den spielinternen Strategieableger, der stark an Gwent aus den The Witcher-Teilen erinnert. Außerdem habe ich verschiedene Party-Zusammensetzungen wie auch Kampfstrategien auf die Probe gestellt. 

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Christian Schmidt
Business Development Manager

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