Im Test: Shure Aonic Free

Ein echter Hingucker mit viel auf dem Kasten

Shure Aonic Free
(Image: © Future)

TechRadar Fazit

Die Shure Aonic Free bieten ein ziemlich gutes Preis-Leistungs-Verhältnis in einem opulenten Design. Ihr Klang ist angenehm ausgeglichen und schlägt in keinem Frequenzbereich besonders deutlich aus, wobei die Tiefen gerne natürlicher und facettenreicher klingen könnten. Die Softwarefunktionen, sofern vorhanden, funktionieren tadellos. Vermissen könnte man lediglich einen Play-Pause-Sensor und Touch-Oberflächen. Dafür sind die beiden Tasten fast komplett frei belegbar und der Equalizer sucht im Bereich der Consumer-Kopfhörer seinesgleichen.

Pro

  • +

    Detailreicher, ausgewogener Klang

  • +

    Umfangreiche App

  • +

    Gutes ANC

Kontra

  • -

    Bässe könnten wärmer sein

  • -

    Großes Case

  • -

    Tasten- statt Touch-Steuerung

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Preis und Verfügbarkeit

  • 179 € UVP (Stand: Mai 2022)
  • Seit Dezember 2021 erhältlich

Die Shure Aonic Free sind im Dezember 2021 für 199 € in den Handel gekommen und sind ein halbes Jahr später auch bei Shure selbst bereits 20 € reduziert und im Handel schon ab rund 171 € erhältlich.

Preislich bewegen sie sich also in der unteren Oberklasse – deutlich über den LG Tone Free DFP8 aus unserem letzten Test, aber ebenso deutlich unter den Spitzenreitern aus unserer Top-Liste der besten TWS-Kopfhörer wie den Sony WF-1000XM4, aber auch den Apple AirPods Pro.

Shure Aonic Free

(Image credit: Future)

Design

  • Opulent und auffällig
  • Tasten- statt Touch-Steuerung
  • In mattem Schwarz und glänzendem Rot erhältlich

Das Design der Shure Aonic Free ist erfrischend anders, wobei es in seinen Grundzügen etwas an die Bose QC Earbuds erinnert. Bei keinen anderen In-Ear-Kopfhörern, die ich in den letzten Jahren testen durfte, dachte ich: „Mist, falsches Outfit.“ Bei den Aonic Free war genau das nämlich der Fall, denn als Testgerät haben wir die glänzend-rote Variante bekommen und ich hatte mich an diesem Tag für ein sattes grünes Hemd entschieden.

Wer nach dezenten True-Wireless-Kopfhörern sucht, ist bei diesem Modell wirklich fehl am Platz, denn die Aonic Free gehen auch ohne Weiteres als oder modisches Accessoire oder sogar als statement piece durch.

Shure Aonic Free

(Image credit: Future)

Im Grunde bestehen die Kopfhörer aus zwei Teilen: Einerseits aus dem schwarzen, doch recht kleinen und ohrmuschelförmigen inneren Teil, der angenehm und sicher im Ohr sitzt und an dessen Ende die Schaumstoff-Tips von Comply in einer von drei Größen stecken. Andererseits aus dem glänzend roten, etwa daumengroßen (!), aber flachen äußeren Teil, auf dem das Shure-Logo prangt – deutlich lesbar, aber dezent genug, dass es nicht ins aggressiv ins Auge springt.

Dieses zweigeteilte Design ist eine recht clevere Lösung dafür, dass solch üppige Kopfhörer auch trotz eines Gewichts von ca. 7,5 Gramm bequem in kleinere Ohren passen, dank des flachen äußeren Teils aber trotzdem nicht allzu weit aus dem Ohr herausragen. Die Bauart, zusammen mit den Schaumstoff-Passstücken von Comply, sorgt außerdem dafür, dass die Kopfhörer bereits ohne ANC Außengeräusche gut abschirmen.

Shure Aonic Free

(Image credit: Future)

Auf der Außenseite befinden sich drei kleine Löcher, die eine Status-LED und zwei Mikrofone beherbergen. Um der LED etwas mehr Nutzen zu verleihen, hat Shure den Aonic Free eine Funktion spendiert, bei der die LEDs während eines Anrufs rot leuchten und somit Außenstehenden signalisieren, dass man sich gerade nicht gestört werden will. Die Idee an sich finde ich zwar gut und sinnvoll, ob es in der Praxis dabei hilft, nicht angequatscht zu werden, halte ich für fraglich.

Die nächste Eigenheit rührt wahrscheinlich aus der eingangs erwähnten, leichten Ähnlichkeit zu den Bose QC Earbuds. Im Gegensatz zu diesen werden die Shure Aonic Free trotz einladender, großer Oberfläche nicht per Touch gesteuert, sondern per Taste, die auf der Oberkante sitzt.

Gerade weil die Kopfhörer so groß und einladend für Berührung sind, ist es umso weniger intuitiv, dass sie nicht auf Berührungen reagieren. Immerhin sind die Platzierung und der Druckpunkt weniger störend als bei anderen In-Ear-Kopfhörern. Bei der Bedienung drückt man die Stöpsel nicht ins Ohr hinein, sondern greift sie mit Zeigefinger und Daumen und drückt nach unten. Das mechanische Klicken der Taste ist aber trotzdem deutlich zu hören.

Shure Aonic Free

(Image credit: Future)

Aus großen Kopfhörern folgt ein großes Case, denn auch dieses ist bei den Shure Aonic Free alles andere als dezent. Mit seinen 8,9 × 5,3 × 3,2 mm ist es in etwa doppelt so groß wie das der Sennheiser CX True Wireless und ungefähr genauso groß wie das der Bose QC Earbuds. Der Unterschied zu Letzteren besteht hauptsächlich darin, dass das Case der Shure an der schmalen Seite geöffnet wird. Da bis auf Vorder- und Rückseite alle Seiten abgerundet sind, lässt sich das Case außerdem nur legen – ähnlich wie das der AirPods Pro.

Besondere Funktionen sucht man im Case vergebens: weder kann es kabellos per Qi-Standard aufgeladen, noch kann es als Bluetooth-Adapter für Endgeräte ohne Bluetooth verwendet werden.

Shure Aonic Free

(Image credit: Future)

Klang

  • Sehr ausgewogener Klang
  • Bässe könnten wärmer sein
  • Keine Unterstützung für Hi-Res-Formate

Beim Klang der Aonic Free wird deutlich, dass Shure als Marke in erster Linie im Profi- und Recording-Bereich anzusiedeln ist. Wie kaum ein anderes Modell im Bereich der TWS-Kopfhörer klingen sie unglaublich ausgeglichen und klar, und zwar bei fast jeder Lautstärke. Bei den meisten anderen Geräten ändert sich das Klangprofil nämlich abhängig von der Lautstärke und besonders bei geringer und mittlerer Lautstärke gehen häufig Details in den Höhen und oberen Mitten verloren.

Instrumente werden deutlich voneinander separiert, was besonders bei komplexeren klassischen Stücken und sogar bei Noise-Rock und Metal von Vorteil ist, und können gut im Raum angeordnet werden. Gesang ist immer klar und deutlich zu hören und hebt sich im Normalfall gut von den restlichen Instrumenten ab.

Shure Aonic Free

(Image credit: Future)

Für meinen Geschmack etwas wenig Umfang hat der Bass: Der ist zwar knackig und präzise, kommt dadurch aber häufig etwas zu sauber rüber. Etwas mehr Wärme und Charakter könnten die Aonic Free im unteren Bereich also vertragen. Wer seine Bässe aber gerne sauber und trocken mag, der kommt hier durchaus auf seine Kosten. In elektronischen Subgenres kann das ja ganz gut klingen.

Dass es sich bei den Aonic Free tatsächlich jedoch um ein Consumer-Produkt handelt, merkt man spätestens daran, dass sie abgesehen von SBC, AAC und dem Standard-aptX leider keine weiteren Codecs unterstützen – einschließlich Hi-Res-Varianten wie LDAC. Schade ist das nicht zuletzt deswegen, weil die Kopfhörer meiner Meinung nach wegen ihres guten Grundklangs noch etwas Luft nach oben hätten, die hochauflösende Codecs ausnutzen könnten.

Telefongespräche klingen in beide Richtungen ordentlich, auch wenn mich meine Gesprächspartner/-innen manchmal etwas weiter entfernt empfunden haben als üblich.

Shure Aonic Free

(Image credit: Future)

Software und Features

  • Kein intelligentes Play/Pause
  • Mächtiger Equalizer
  • Umfangreiche, übersichtliche App

Die Shure Aonic Free können im Grunde fast alles, was kabellose In-Ear-Kopfhörer in diesem Preissegment können sollten: aktive Geräuschunterdrückung (ANC), ein passender Transparenzmodus mit verschiedenen Stufen, fast komplett frei konfigurierbare Gesten und ein sehr umfangreicher Equalizer. Einzig ein Sensor fehlt, der Musik automatisch pausiert und wieder abspielt, wenn man die Kopfhörer aus dem Ohr nimmt bzw. wieder einsetzt.

Da die Shure Aonic Free schon eine recht solide konstruktionsbedingte passive Geräuschunterdrückung bieten, muss die aktive Noise Cancellation gar nicht so viel arbeiten, um ein zufriedenstellendes Ergebnis abzuliefern.

Störende Umgebungsgeräusche werden weitestgehend gut herausgefiltert, ganz so gründlich wie der Noise-Cancelling-Primus, die Bose QC Earbuds, sind die Aonic Free jedoch nicht. Bestimmte Frequenzen im unteren Bereich von Motorgeräuschen, von Straßenbahnlärm und auch einzelne Frequenzbereiche von Stimmen sind weiterhin wahrnehmbar, aber deutlich in ihrer Lautstärke reduziert. Am ehesten lassen sich die Aonic Free wahrscheinlich mit den Sony WF-1000XM4 vergleichen – vielleicht minimal schlechter. Im Großen und Ganzen ist das ANC dieser True-Wireless-Kopfhörer jedoch ziemlich gut.

Zu guten TWS-In-Ears gehört natürlich auch ein Transparenzmodus, bei Shure „Umgebungsmodus“ genannt, der Umgebungsgeräusche nicht filtert, sondern durchlässt oder sogar verstärkt. Dadurch ist es möglich, sich auch mit eingesetzten Kopfhörern zu unterhalten oder etwa Durchsagen am Bahnhof anzuhören.

Shure Aonic Free

(Image credit: Future)

Auch dieser funktioniert bei den Aonic Free weitestgehend tadellos. Wie bei vielen anderen Noise-Cancelling-Kopfhörern werden Umgebungsgeräusche unterschiedlich gut durchgelassen. Aggregate von Kühlschränken im Supermarkt, etwa, die das menschliche Gehör eigentlich selbstständig ausblendet, sind im Umgebungsmodus deutlich zu hören, was gewissermaßen den Eindruck von übermenschlichem Gehör erweckt. Auch wenn Stimmen und Ansagen im Umgebungsmodus klar und deutlich zu hören sind, lenken die übermäßig lauten mechanischen Geräusche häufig davon ab.

Ein weiterer Kritikpunkt am Umgebungsmodus ist, dass er nur sehr schlecht mit Wind klarkommt. Bereits bei verhältnismäßig geringen Windgeschwindigkeiten reagieren die integrierten Mikrofone sehr empfindlich und klingen wie ein Mikrofon ohne Windschutz eben klingt – furchtbar übersteuert.

Bei den Anpassungsmöglichkeiten des Umgebungsmodus geht Shure auch einen eigenen Weg. Während die meisten anderen Hersteller generell die Möglichkeit bieten, per Tastendruck oder Geste zwischen ANC ein, ANC aus und dem Umgebungsmodus zu wechseln, verzichtet Shure auf Ersteres. ANC ist also dauerhaft an und per Tastendruck kann der Umgebungsmodus ein- und ausgeschaltet werden.

Ob das sinnvoll ist oder nicht, ist jedem selbst überlassen. Ich persönlich habe nie so richtig verstanden, warum es überhaupt die Möglichkeit gibt, ANC, das wohl wichtigste Feature von Noise-Cancelling-Kopfhörern, auszuschalten. Zu keinem Zeitpunkt während irgendeines meiner Tests bin ich auch nur in die Versuchung gekommen, ANC komplett auszuschalten. Umso mehr freut es mich, dass ich mich bei den Shure Aonic Free nicht erst durch diese Option durchklicken muss.

Ansonsten lässt sich in der App die Intensität des Umgebungsmodus nach Belieben einstellen. Je weiter rechts der Regler, desto lauter werden die Umgebungsgeräusche durchgereicht.

Shure Aonic Free

(Image credit: Future)

Viel Lob gibt es für die PLAY-App insgesamt. Diese ist nicht nur schön übersichtlich, sondern hat auch einen ordentlichen Funktionsumfang. Hier lässt sich die Tastenbelegung der In-Ears fast frei einstellen. Lediglich die Lautstärkeregelung und die Steuerung während Gesprächen lassen sich nicht ändern und auch der lange Tastendruck ist Funktionen fest zugewiesen.

Noch eindrucksvoller ist der Equalizer, bei dem ebenfalls deutlich zu erkennen ist, dass Shure eher im Recording-Bereich unterwegs ist. Neben Presets zur Bass- und Höhenverstärkung bzw. -absenkung gibt es außerdem eine Voreinstellung zur Stimmverstärkung und einen De-Esser, der Zischen verringert. Wem das nicht genug ist, kann im parametrischen Vier-Band-Equalizer selbst herumexperimentieren oder eins der sieben vorinstallierten Presets als Vorlage nehmen.

Shure Aonic Free

(Image credit: Future)

Akkulaufzeit

  • Gut 6 Stunden Wiedergabe in den Kopfhörern
  • Etwas über zwei komplette Ladungen im Case

Als Akkulaufzeit gibt Shure sieben Stunden in den Kopfhörern an und zwei weitere volle Ladungen im Case – insgesamt also 21 Stunden. Während ich in meiner Testzeit bei meiner gewohnten Hörlautstärke von ca. 80 % nur rund 6 Stunden 15 Minuten Musik aus den Kopfhörern pro Ladung rausholen konnte, blieb nach zwei vollen Ladungen immer noch genug Saft im Akku des Case, um die Aonic Free für weitere anderthalb Stunden Wiedergabezeit bei selber Lautstärke aufzuladen.

In meinen Tests verfehlen die Shure also die eigene Marke von insgesamt 21 Stunden lediglich um eine Stunde. Das liegt einerseits im Toleranzbereich, andererseits auch zwischen den Bose QC Earbuds und den LG Tone FREE DFP8 – und damit insgesamt völlig in Ordnung, wenn auch nicht bahnbrechend.

Redakteur – Gaming, Computing

Eugen Wegmann ist Online-Redakteur für PurpleClouds Deutschland GmbH / TechRadar Region DACH und zuständig für Gaming und Computer-Hardware.

E-Mail: ewegmann[at]purpleclouds.de