Overwatch 2: Season 3, Animes und Ausblicke in die Zukunft – ein Interview mit Jared Neuss
"Ich möchte erreichen, dass Overwatch 2 als das Beispiel gelten soll, wie Online Games heutzutage richtig entwickelt werden sollten."
Overwatch gilt als einer der erfolgreichsten Online-Shooter der letzten Jahre. Trotzdem hat Entwickler Blizzard Entertainment mit dem Release von Overwatch 2 und der Umstellung auf ein Season-Modell das ein oder andere Mal negative Kritik geerntet, die leider oftmals mehr als berechtigt gewesen ist. Blizzard verspricht jedoch Verbesserungen.
Dem Ganzen will ich selbstverständlich genauer auf den Grund gehen. Deswegen habe ich mich mit dem Executive Producer von Overwatch 2 Jared Neuss in einem immerhin 10-minütigen Interview über das Spiel, die aktuelle Season 3, zukünftige Kollaborationen und einiges mehr unterhalten.
Overwatch 2: Ein Interview mit Jared Neuss
Michael: Hi, Jared. Erstmal möchte ich mich bei dir für deine Zeit bedanken, die du uns von TechRadar Gaming zur Verfügung stellst. Ohne große Umschweife würde ich direkt zur ersten Frage kommen: Wie läuft derzeit die Entwicklung von Overwatch 2?
Jared: Es läuft großartig, weil wir ein unglaublich talentiertes Team haben. Der Wechsel zum Season-Modell ist außerdem eine super spannende Sache für alle Spieler, da man auf diese Weise regelmäßiger Updates nachliefern kann, als es früher der Fall war. Im Großen und Ganzen sind wir sehr glücklich damit, wie die Entwicklung derzeit läuft und freuen uns auf die Zukunft.
Michael: In den letzten beiden Seasons gab es – ich nenne es mal „gelegentliche Ausrufe“ – von Spielern, die mit der Menge des kostenlosen oder freischaltbaren Contents eher enttäuscht waren. Hab ihr Änderungen diesbezüglich geplant?
Jared: Ja, absolut. Eine dieser ersten Änderungen sieht man bereits im Battle Pass der 3. Season. In diesem haben wir Overwatch Credits im kostenlosen Reiter hinzugefügt, damit jeder Zugriff auf diese erhält. Wir haben alle erkannt, dass sich Overwatch 2 für die Spieler belohnend anfühlen muss, damit es auch wirklich erfolgreich bleibt. Wir alle im Team sind ja ebenfalls Gamer, und wenn wir nach einem langen Arbeitstag nach Hause kommen, wollen wir bei egal welchem Spiel eine gute Zeit haben – unabhängig davon, ob man jetzt gewinnt oder verliert.
Bei der Entwicklung des Spiels bleibt immer folgender Gedanke: „Wie machen wir Overwatch 2 belohnender für die Spieler?“ – völlig egal, ob du nur 30 Minuten Zeit hast, oder die ganze Nacht zocken willst. Wir wollen erreichen, dass du ein gutes Gefühl während deiner Session hast. Ein Schritt in diese Richtung sind wie bereits erwähnt die kostenlosen Overwatch Credits, damit Spieler Dinge freischalten können oder direkteres Feedback zu deinen Fortschritten.
Der Patch, den wir letzte Woche veröffentlicht haben, zeigt nun beispielsweise den Fortschritt von Challenges am Ende jeder Runde, und, was du als Nächstes freispielst. All das ist Teil dieser Endgame-Experience. Wir haben eine Menge Ideen, die in diese Richtung gehen. Um es kurzzufassen: Du sollst eine gute Zeit haben – völlig egal, ob du gewinnst oder verlierst.
Michael: Ich würde gerne über die neue Map sprechen, die ihr mit der Season 3 hinzugefügt habt. Diese gibt ja einen tollen Einblick in Meis Vergangenheit und ihre ehemalige Arbeit beim Ecopoint: Antarctica. Warum aber wurde sie jetzt erst veröffentlicht und nicht zum Beispiel zusammen mit Meis Cinematic?
Jared: Oh, eine Menge solcher Dinge kommt tatsächlich auf das Timing an. Wenn wir damit beginnen, neuen Content für Overwatch 2 vorzubereiten, müssen wir immer darauf achten, wann etwas veröffentlicht wird und vor allem, was am meisten Sinn ergibt. Für uns geht es darum, alle Seasons zu berücksichtigen, an denen wir arbeiten. Es ist komplizierter, mit einem Season-Modell zu arbeiten, weil du pausenlos an den bisherigen Live-Content denkst und auch ständig das im Kopf behalten musst, was für die zukünftigen Seasons erscheinen soll bzw. könnte. Warum etwas zu dem oder dem Zeitpunkt erscheint, liegt meistens nur an: „Oh, wir dachten, es wäre eine coole Idee, den Spielern eine neue Map in dieser Season zu spendieren oder wie wäre es mit einem neuen Helden in dieser Season?“
Zwar ist es cool, Content in einer thematischen Verpackung zu liefern und wir versuchen das auch umzusetzen, wenn wir können. Aber manchmal gewinnt eine coole Idee, die wir zügig in die Hände der Spieler geben wollen und einfach perfekt in den Zeitplan passt, die Oberhand. Wir geben euch ja nicht sofort alles, während die darauffolgenden sechs Monate überhaupt nichts kommt. Ich denke, es ist eine Mixtur aus „wie schaffen wir eine thematische Verbindung zu dem jeweiligen Content, den wir veröffentlichen wollen?“ mit „wie wird die neue Season mit gutem Content gefüllt?“
Michael: Erst kürzlich schrieb ich einen Artikel über die neuen One-Punch Man-Skins, die jetzt erhältlich sind. Bei der riesigen Menge an Animes stellt sich allerdings die Frage „Warum gerade One-Punch Man?“
Jared: Das ist eine tolle Frage. Der Grund ist sehr simpel: Unser Team liebt One-Punch Man. Es gibt eine Menge Franchises, mit denen wir eine Kollaboration hätten eingehen können. Allerdings wollten wir etwas finden, von dem unser Team begeistert ist und was sich auch gut in das Universum implementieren lässt. Der große Gag hinter dieser Zusammenarbeit ist außerdem, dass die Helden, die diese Skins tragen, in Wirklichkeit selbst große Fans von One-Punch Man sind. Overwatch 2 spielt schließlich auf der Erde in der Zukunft und auf jenem Planeten existiert nun mal dieser Anime.
Weil sich in unserem Team so große Fans von One-Punch Man befinden und sich die Helden von Overwatch 2 wirklich dafür angeboten haben, ein Cosplay dieser Charaktere zu tragen, passte es einfach wie die Faust aufs Auge. Es ist eine andere Herangehensweise als zum Beispiel immer das erfolgreichste oder neuste Ding zu nehmen. Uns geht es wirklich nur um die Liebe und die Fürsorge für die IP, mit der wir zusammenarbeiten.
Michael: Das wirft ja gleich neue Fragen in den Raum. Zum Beispiel, ob Reaper ein Fan von Sailor Moon sein könnte. Plant ihr also weitere Kollaborationen mit anderen Anime-Studios?
Jared: Unser Fokus liegt erstmal darauf zu achten, ob die Spieler diese Art von Zusammenarbeit überhaupt mögen. Sicher, wir könnten diesen Weg einschlagen und sagen: Kollaboration. Kollaboration. Kollaboration. Allerdings gibt es dafür keinen Grund, wenn es den Spielern nicht gefällt. Unser Team hat fast schon unendlich viele Ideen für Zusammenarbeiten, die wir angehen könnten. Die einzig wichtige Frage hier ist allerdings die folgende: „Was wollen die Spieler und hätten sie Spaß daran?“
Das fast durchweg positive Feedback zu den One-Punch Man-Skins zeigt uns allerdings, dass wir durchaus öfter etwas ganz Ähnliches in Zukunft angehen können. Allerdings könnten wir auch etwas komplett anderes ausprobieren, das andere Teile der Community vielleicht eher anspricht. Bleibt auf jeden Fall gespannt. Ich denke, wir freuen uns alle darauf, was die möglichen Kollaborationen mit sich bringen werden. Wir selbst müssen nur bei der Gestaltung darauf achten, dass die Spieler begeistert über diese sind und wir gleichzeitig Spaß haben, daran zu arbeiten.
Michael: Du hast ja vorhin erwähnt, dass die Helden im Grunde ein Cosplay der jeweiligen Anime-Charaktere mit ihrem Skin tragen. Was hältst du von der Idee, eine Art virtuelle Anime Convention in der Form eines saisonalen Events in Overwatch 2 abzuhalten?
Jared: Das ist eine ziemlich coole Idee! Darauf wäre ich gar nicht gekommen. Wir wollen, dass alle unsere saisonalen Events eine gute Mixtur bieten. Zum Beispiel coole Lore innerhalb des OW-Universums, die Spielern helfen soll, besser in die Geschichte einzusteigen, oder eine bestimmte Fantasie, mit der wir uns ausdrücken können. Und dann eben Dinge, die man im echten Leben macht und im Spiel so umbaut, dass es aufregend und spannend ist. Speziell über Letzteres haben wir schon öfter im Team gesprochen – nicht in Bezug auf eine virtuelle Anime Convention, aber eben für bestimmte Feiertage zum Beispiel.
Ich würde mal sagen, dass noch nichts vom Tisch ist. Wenn man sich allein die 3. Season ansieht, erkennt man in dieser schon unsere starke Experimentierfreudigkeit und unser Verlangen danach, unterschiedliche Dinge auszuprobieren, um zu sehen, was bei den Spielern gut ankommt. Wir nehmen die Kritik der Spieler diesbezüglich außerdem gerne entgegen. Wenn sie etwas Bestimmtes ganz besonders begeistert, machen wir mehr davon. Und wenn unser Team sich ebenfalls freut daran zu arbeiten, ist es noch viel besser.
Michael: Durch deine ehemalige Arbeit bei Bungie und Riot Games bringst du ja bereits viel Erfahrung von anderen Videospielen und/oder Genres mit. Verfolgst du bestimmte Ziele oder Visionen im OW2-Team? Und falls ja, hast du schon welche von diesen umgesetzt?
Jared: Ich denke, dass allein das Spiel selbst schon eine große Errungenschaft ist. Ich liebe Overwatch. Schon seit dem ersten Release. Ich bin also jetzt schon sehr stolz auf das, was wir haben. Meine langfristige Vision mit Overwatch 2 ist, die bestmögliche Gaming-Experience seiner Klasse für Spieler zu bieten. Ich habe schon an vielen Videospielen mitgearbeitet, die Live-Service-Komponenten boten und regelmäßig auf das Feedback der Spieler reagiert haben.
Ich wollte alles, was ich in meiner Zeit bei diesen Firmen gelernt habe, mitnehmen und mit dem kombinieren, was Blizzard Entertainment nun mal hervorragend beherrscht: Qualitativ hochwertige Videospiele produzieren, die unendlich viel Spaß machen. Meine Vision mit Overwatch 2 ist, den Weg der Entwicklung so lange weiterzugehen, bis du auf die Frage „Was ist das beste Online Game, welches du derzeit spielen kannst?“ nur mit „Overwatch 2“ beantworten kannst. Für mich persönlich ist es das jetzt schon, weil es mir so viel Spaß macht. Aber ich bin auch sehr voreingenommen.
Ich möchte erreichen, dass Overwatch 2 als das Beispiel gelten soll, wie Online Games heutzutage richtig entwickelt werden sollten. Es ändert und entwickelt sich schnell, wir reagieren flott auf das Feedback der Spieler und gehen mit Fehlern sehr offen und transparent um. Das ist meine langfristige Vision für das Spiel.
Michael: Kommen wir zur letzten Frage, und es ist nicht schlimm, wenn du diese nicht direkt beantworten kannst. Wie sieht die Zukunft von Overwatch 2 in Bezug auf neue Maps, spielbare Helden und weiteren Content aus?
Jared: Oh, eine sehr gute Frage. Ich kann selbstverständlich nicht über die Details sprechen, aber ich versuche eine gute Antwort zu geben. Ich formuliere es mal so: Es gibt gewisse Dinge, über die wir im Team gesprochen haben. Unser Ziel Nr. 1 ist, zügig auf das Feedback der Spieler zu reagieren. Wir wollen sicherstellen, dass sie gehört werden und sich belohnt fühlen, wenn sie Overwatch 2 spielen. Für Season 4 planen wir einige Updates im kompetitiven Bereich. Zum Beispiel sprachen wir im Team darüber, bestimme Map Pools zu deaktivieren, weil die Leute es als frustrierend empfanden, auf diesen zu spielen. Das Erste, was man von einer neuen Season also erwarten kann, ist, dass wir das Feedback der Spieler umsetzen. Wir wollen sicherstellen, dass Overwatch 2 das Spiel ist, was sie lieben und im Idealfall jeden Tag spielen wollen.
Ziel Nr. 2 ist, verschiedene Wege einzuschlagen und dabei neue Dinge auszuprobieren. Loverwatch oder die Kollaboration mit One-Punch Man sind gute Beispiele dafür, dass wir gewisse Grenzen überschritten haben, die das Overwatch-Team vor einigen Jahren vermutlich nicht getan hätte. Man kann also auf jeden Fall von uns erwarten, dass wir weiterhin neue Dinge mit den zukünftigen Seasons ausprobieren werden und gleichzeitig darauf achten, was die Spieler wirklich von Overwatch 2 wollen.
Und drittens: Einer der Gründe, warum wir in einem Season-Modell arbeiten ist, dass wir die Möglichkeit haben, konstant und in einer Regelmäßigkeit große Updates zu veröffentlichen – also neue Helden, neue Maps, neue Modi. Das sind alles Dinge, die in jedem Fall bei der Planung berücksichtigt werden. Wir werden schon bald etwas für die nächste Season ankündigen und es gibt jede Menge, auf das man sich freuen kann.
Michael: Super! Ich persönlich freue mich sehr über die Anpassungen und kann es kaum erwarten, wieder regelmäßiger in Overwatch 2 reinzuschauen. Ich danke dir recht herzlich für deine Zeit und das Interview.
Jared: Sehr gerne. Es war nett, mit dir zu plaudern.
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Ich bin Michael und ich beschäftige mich vor allem mit den Themen Gaming, Nintendo und Audio. Noch bevor es mich zu TechRadar Deutschland verschlagen hat, absolvierte ich an der Akademie für Neue Medien eine Kompaktausbildung zum Crossmedia-Journalisten. Dort lernte ich nicht nur das journalistische Handwerk, sondern auch wie man moderiert und gute Kurzfilme produziert. Nun bin ich bei TechRadar Deutschland als Volontär gelandet und tierisch froh, leidenschaftlich über Videospiele, Gaming und Tech zu schreiben. Erreichbar bin ich unter mwinkel[at]purpleclouds.de.