Bayonetta Origins im Test: Ein zauberhaft-banales Abenteuer

Bayonetta Origins scheitert daran, gutes Gameplay mit anständiger Herausforderung zu kombinieren.

Bayonetta Origins: Cereza and the lost Demon
(Image: © Nintendo)

TechRadar Fazit

Obwohl Bayonetta Origins: Cereza And The Lost Demon im Vergleich zur Hauptreihe eine völlig andere Richtung einschlägt, kann es im Großen und Ganzen zwar überzeugen, muss sich aber auch eingestehen, dass es mit einem fast schon idiotensicheren Schwierigkeitsgrad aufwartet und mit einer Erzählweise daherkommt, die gerade zu nach "Stereotyp" schreit.

Pro

  • +

    Eine schöne neue Seite von Bayonetta

  • +

    Zauberhafte Optik

  • +

    Niedliche Erzählweise der Handlung im Stil eines Märchenbuchs

Kontra

  • -

    Schwierigkeitsgrad ist alles andere als herausfordernd

  • -

    Das Spiel will dich oft an die Hand nehmen

  • -

    Cerezas Charakter-Entwicklung ergibt gameplay-technisch keinen Sinn

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Informationen zum Test

Bayonetta Origins

(Image credit: Nintendo)

Spielzeit: ~15 Stunden
Plattform: Nintendo Switch

Mit Bayonetta Origins: Cereza And The Lost Demon wagt Entwickler PlatinumGames eine völlig andere Herangehensweise an die sonst sehr actiongeladene Spielserie. Als der Titel letztes Jahr bei den Game Awards offiziell angekündigt wurde, war ich zunächst positiv überrascht, da ich persönlich meine "Probleme" mit den Abenteuern der schlagfertigen Umbra-Hexe habe. Ich war schon immer von der Bayonetta-Reihe angetan, hatte aber gleichzeitig Schwierigkeiten, die Trilogie in vollen Zügen zu genießen. Oftmals hatte ich das Gefühl, dass sich die Action auf Kosten wichtiger Charakter-Momente in den Vordergrund drängelt. Durch diese für mich ungewöhnliche Gewichtung habe ich mir relativ oft gewünscht, mehr über Bayonetta und all die anderen Charaktere innerhalb des Universums zu erfahren.

Die Ankündigung von Bayonetta Origins passte da für mich und meine "Probleme" also wie die Faust aufs Auge. Ein storybasiertes Spiel, das die Vergangenheit von Bayonetta erzählt und ausnahmsweise mal kein Action-Bombast sein soll? I'm sold! Nur leider ist nicht alles was glänzt und glitzert auch wirklich Gold. Zwar hatte ich in den 15 Stunden, die ich mit Bayonetta Origins verbracht habe, wirklich Spaß, aber das Erlebnis wird bedauerlicherweise von dem ein oder anderen Element heruntergezogen, das mir nicht so wirklich in den Kram passte. Im nachfolgenden Test erfährst du also nun, woran das lag.

Bayonetta Origins: Cereza And The Lost Demon: Kurz und bündig

  • Darum geht's: Um das neue Spin-Off im Bayonetta-Universum
  • Plattformen: Nintendo Switch
  • Release: 17. März 2023
  • Preis: 69,99€

Es war eine Hexe, die hieß Cereza

Das neue Spin-Off spielt viele Jahre vor der Bayonetta-Trilogie. In der Hauptrolle ist die junge Cereza, die nach dem Exil ihrer Mutter die Scherben auflesen muss und mit ihren Studien der Umbra-Magie zu kämpfen hat. Das Abenteuer ist deutlich entschleunigter als die Titel der Hauptreihe und folgt Cereza sowie dem Dämon Cheshire, während beide mehr über sich selbst, den anderen und ihr Schicksal in der Welt herausfinden. In einer schlaflosen Nacht erscheint Cereza ein mysteriöser Junge im Traum, der von einem weißen Wolf spricht. Er sagt, dass dieser Wolf ihr den Weg durch den gefährlichen Wald von Avalon weisen wird. Nachdem Cereza dann auch noch ihre Vorgesetze Morgana beim Training der Dämonenbeschwörung massiv enttäuscht, entscheidet sich die junge Umbra-Hexe, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Sie begibt sich in das finstere Unterholz, mit dem Ziel den weißen Wolf zu finden und ihre Mutter aus den Fängen der Verbannung zu befreien.

Aufgrund unglücklicher Umstände, beschwört Cereza kurze Zeit später einen Dämon, der sich alsbald in ihrer Plüschkatze Cheshire einnistet. Ihm passt es ganz und gar nicht, mit einem Mal nicht mehr in seiner Heimat Inferno zu sein, aber da er nun an Cerezas Lebensenergie gekoppelt ist, muss er der jungen Umbra-Hexe wohl oder übel helfen, bis sie den Zauber erlernt hat, mit dem sie ihn wieder nach Hause schicken kann. Die Suche nach dem weißen Wolf geht jetzt also zu zweit weiter.

Bayonetta Origins Cereza and the Lost Demon

(Image credit: Nintendo)

Insgesamt ist es ein zauberhaftes und wunderschönes Abenteuer, das sich genügend Zeit nimmt, die nette Geschichte von Cereza und dem verlorenen Dämon – der von Cereza nun ebenfalls Cheshire getauft wird – zu erzählen. Das Spin-Off senkt den Einsatz und erhöht die Intimität, sodass sich die beiden im Laufe von rund 20+ Stunden als Charaktere entwickeln und wachsen können. Für die Erzählweise entschied sich PlatinumGames, die Handlung in Form eines Märchenbuchs vorzutragen – eine wirklich niedliche Idee, wodurch Setting und Geschichte wirklich gut zur Geltung kommen.

Das klingt zwar nach einer fast schon perfekten Story, aber leider merkt man auch recht deutlich, dass man sich hier an den typischen Stereotypen festhielt. Im Grunde lebt die Erzählung von dem immer gleichen Aufhänger: Ein fieser Gegner erscheint. Cereza hat panische Angst und kann sich nicht bewegen. Währenddessen stellt sich Cheshire dem Kampf alleine und wird dabei fast zu Tode geprügelt. Plötzlich heißt es "halt, stop!" und Cereza ist nun doch mutig genug, sich an den Gefechten zu beteiligen. Immer wieder das Gleiche. Diese Art der Erzählung ist jedes Mal aufs Neue einfach nur ermüdend und verleiht der Geschichte immer wieder einen unnötigen Bruch, weil man es aus 100 Kilometern Entfernung schon ahnen kann. Und ehrlich gesagt beißt sich diese Art der Charakter-Entwicklung extrem mit den Gefechten, die du gemeinsam mit Cereza und Cheshire bestreiten musst.

Teamwork

Was ich damit meine ist, dass es rein storymäßig total unsinnig ist, dass Cereza zwar im Laufe ihres Abenteuers immer mutiger wird, aber in den Kämpfen trotzdem alles Cheshire machen lassen muss. Sie selbst ist nicht in der Lage, offensiv in den Kämpfen vorzugehen und kann Feinde mit ihrer Magie lediglich betäuben. Es ist völlig klar, dass Cereza ihre persönlichen Ängste und Schwächen überwinden muss, aber die Kämpfe werden diesem Versprechen nicht im Ansatz gerecht, weil sie durchgehend unfähig ist, sich gegen irgendwelche Gegner durchzusetzen. Wieso kann sie denn im späteren Spielverlauf nicht irgendeine Art von Angriffszauber lernen, damit ihre Entwicklung auch gameplay-technisch Sinn ergibt?

Die Gefechte sind anfangs ein schwieriges Unterfangen. Cereza wird mit dem linken Stick gesteuert, Cheshire mit dem rechten. Du bewegst also immer beide Gefährten gleichzeitig. In den ersten Stunden war es wirklich ungewohnt, beide Figuren unabhängig voneinander zu steuern. Hin und wieder kam es vor, dass ich völlig auf Cheshire konzentriert war, während Cereza irgendwo in der Pampa herumlief. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase sind diese Probleme allerdings so gut wie verschwunden.

Bayonetta Origins Cereza and the Lost Demon Kämpfe

(Image credit: Nintendo)

Das Spiel teilt die Zeit zwischen Rätseln und Action auf, indem es Cereza und Cheshire durch Denkspiel-Szenarios lotst, bevor es die beiden immer mal wieder in einen kurzen Kampf stürzt. Die Begegnungen, egal ob Rätsel oder Gefecht, dauern selten länger als ein paar Minuten am Stück, was das Tempo relativ hochhält und die Frustration auf ein absolutes Minimum reduziert. Und mit "Minimum" meine ich auch wirklich "Minimum." Ich persönlich mag es, hin und wieder mit einer Herausforderung konfrontiert zu werden, aber die suchst du in Bayonetta Origins vergebens.

Der Schwierigkeitsgrad der Kämpfe ist so extrem leicht, dass man sich pausenlos unterfordert fühlt. Und das liegt vor allem daran, weil Cheshire eine fast schon unaufhaltbare Naturgewalt verkörpert, die alles Stück für Stück niederwalzt. Wenn Cerezas Gesundheit auf null sinkt, ist das Spiel vorbei, aber wenn Cheshire einen Treffer zu viel einsteckt, verwandelt er sich einfach in seine Stofftierform zurück. Du kannst ihn dann mit Cereza jederzeit aufsammeln und nach einem kurzen Knuddler direkt wieder beschwören. Gezieltes Ausweichen und Kontern sollen bei Bayonetta Origins eigentlich den Schlüssel zum Sieg darstellen, aber all das fühlt sich letztlich sinnlos an, weil Cheshire in der Hitze des Gefechts sowieso eine unzerstörbare Mauer ist. Darüber hinaus laufen die Kämpfe immer gleich ab. Mit Cerezas Zauber wird ein Gegner betäubt und Cheshire gibt ihm ein paar Schellen, bis er tot ist. Immer. Wieder. Das. Gleiche. Die Kämpfe sind aus meiner Sicht eher ein schmückendes Beiwerk, weil sich Bayonetta Origins ohne diese vermutlich noch schleppender anfühlen würde.

Was den Kämpfen auch nicht gerade in die Karten spielt, ist die zentrale Mechanik des Brauens. Im Laufe deines Abenteuers wirst du diverse Monstermaterialien sammeln, mit denen du verschiedene Elixiere herstellen kannst. Allerdings sind deren Effekte teilweise so mächtig, dass du damit quasi das noch letzte Fünkchen an Herausforderung beseitigst. Und bevor du dir diese Frage stellst: Nein, die Herstellung der Tränke ist nicht teuer oder aufwändig. Für jedes Elixier benötigst du eine unterschiedliche Menge dreier Materialien. Und die findest du so oft wie festgeklebten Kaugummi unter alten Parkbänken. Fast jeder Gegner lässt die Materialien fallen, ja selbst in jedem Gebüsch kannst du das Zeug finden. Bereits nach fünf Stunden Spielzeit hatte ich einen Berg an Materialien in gefühlter Saarlandgröße in meinen Taschen, weil ich mich strikt gegen diesen Easy Mode gewehrt habe. 

Bayonetta Origins Cereza and the Lost Demon Brauen

(Image credit: Nintendo)

"Easy Mode" ist übrigens ein gutes Stichwort. Leider will dich Bayonetta Origins auch bei vielen Mechaniken an die Hand nehmen, die auch nur eine Spur von Timing oder Skill voraussetzen. Zwar ist das ganze optional und ich finde es grundsätzlich okay, dass es diese Möglichkeit gibt, aber es ist ziemlich anstrengend direkt nach Erlernen einer neuen Fähigkeit jedes Mal folgendes gefragt zu werden: "Soll ich das für dich übernehmen?". Klar, mach nur. Dann hab ich ja weniger Knöpfe zu drücken. Mal ehrlich. Ich frag doch ein kleines Kind auch nicht, ob ich es beim Fahrradfahren halten soll, wenn es schon gelernt hat, ohne Stützräder zu fahren. Ich finde die Designentscheidung auch recht seltsam. Sind die Entwickler so wenig von ihren Mechaniken überzeugt, dass sie diese Automatisierung eingebaut haben? Warum das Spiel es nicht direkt automatisch machen lassen? Fragen über Fragen.

Zwischen den Dimensionen

Bayonetta

(Image credit: Nintendo)

Das klang jetzt nach viel Gemecker, aber Bayonetta Origins hat auch durchaus Stärken. Eine davon sind die sogenannten Tír na nÓg. Hierbei handelt es sich um Dimensionsrisse, die überall im Wald von Avalon verteilt sind. Betrittst du diese, werden Cereza und Cheshire in sich ständig wechselnde Mini-Dungeons katapultiert. In den Tír na nÓg wirst du vor mannigfaltige Herausforderungen gestellt. Oftmals handelt es sich um Kämpfe mit einem gewissen Handicap, aber auch viele Denkspiele kommen hier nicht zu kurz.

Diese Prüfungen sind in der Regel schnell und bestehen zum Beispiel darin, Cereza und Cheshire durch ein kleines Labyrinth zu bewegen oder zwischen beweglichen Plattformen hin und her zu springen, bevor sie verschwinden. Insgesamt sind die Tír na nÓg also keine große geistige Herausforderung. Die Rätsel in diesen sind eher eine nette, kurze Abwechslung zu den enttäuschenden Kämpfen, als dass sie für sich allein stehen und zu einem unvergesslichen Erlebnis werden. Hin und wieder kommt man bei den Aufgaben der Tír na nÓg aber auch mal ins Schwitzen. Nur ist das dann meistens bei denen der Fall, die du durch optionale Wege freilegst und nicht bei denen, die im Story-Verlauf verpflichtend sind. 

Bayonetta Origins Cereza And The Lost Demon

(Image credit: Nintendo)

Hast du ein Tír na nÓg abgeschlossen, kannst du dieses jederzeit nochmal abschließen und durch besonders gute Zeiten Belohnungen in Form von Onyxrosen und Avalonkonfekt abstauben. Hierbei handelt es sich um die Ressourcen, die du zum Freischalten von neuen Fähigkeiten benötigst. Zwar ist das ein netter Ansporn, die Tír na nÓg öfter anzugehen, aber leider sind diese Herausforderungen auf Zeit völlig sinnlos. Das liegt daran, weil man Onyxrosen und Avalonkonfekt sowieso schon fast im Überfluss erhält. Du bekommst sie nach jedem Kampf und so ziemlich jede Schatztruhe ist ebenfalls mit diesen vollgestopft. Ich bin nicht einmal einen Time Run in meinem Playthrough angegangen und konnte dennoch nahezu alle Fähigkeiten in beiden Talentbäumen erlernen. Wieso also nur die Ressourcen als Belohnung anbieten und nicht zum Beispiel ein Herzteil oder andere Collectables? Dadurch hätte ich als Spieler zumindest einen anständigen Ansporn – vor allem, wenn ich die 100% holen möchte.

Hex, Hex!

Bayonetta Origins Cereza and the Lost Demon

(Image credit: Nintendo)

Bayonetta Origins ist ein nettes kleines Abenteuer. Ich habe die neue Seite von Cereza und die fesselnde neue Geschichte, die PlatinumGames für die etablierte Heldin gefunden hat, wirklich zu schätzen gelernt. Die Steuerung mag sich zu Beginn etwas befremdlich anfühlen, aber spielt sich nach ein paar Stunden wirklich butterweich und macht durchaus Spaß. Die Kämpfe sind aus meiner Sicht die größte Schwäche von Bayonetta Origins. Primär deshalb, weil sie aufgrund des fast schon idiotensicheren Schwierigkeitsgrades stark unterfordernd sind, während Cereza nach ihrem erzählerischen Aufschwung in diesen auch einfach nicht mehr gut dasteht.

Für Leute, die wie ich gerne mal vor eine Herausforderung gestellt werden, kann ich diesen Titel bei aller Liebe leider nicht empfehlen. Wenn du allerdings zu den Personen gehörst, die nach einem langen Arbeitstag einfach etwas Entschleunigtes zocken wollen, ohne sich dabei anstrengen zu müssen, könnte Bayonetta Origins: Cereza And The Lost Demon die richtige Spielwiese für dich sein.

Michael Winkel
Volontär

Ich bin Michael und ich beschäftige mich vor allem mit den Themen Gaming, Nintendo und Audio. Noch bevor es mich zu TechRadar Deutschland verschlagen hat, absolvierte ich an der Akademie für Neue Medien eine Kompaktausbildung zum Crossmedia-Journalisten. Dort lernte ich nicht nur das journalistische Handwerk, sondern auch wie man moderiert und gute Kurzfilme produziert. Nun bin ich bei TechRadar Deutschland als Volontär gelandet und tierisch froh, leidenschaftlich über Videospiele, Gaming und Tech zu schreiben. Erreichbar bin ich unter mwinkel[at]purpleclouds.de.