Warum die Fujifilm X100V eine bessere Street Photography Kamera als mein iPhone 11 Pro ist
Meinung: Es gibt einfach einige Aspekte der Fotografie, die die Algorithmen der Smartphones nicht ausgleichen können.
Aus dem Englischen übersetzt von Markus Werner
Brauchen wir im Jahre 2020 überhaupt noch Kompaktkameras? Aktuell ist das iPhone 11 Pro eine der besten Reisekameras aller Zeiten und generell haben Smartphones den Point-and-Shoot Kameramarkt aufgemischt – und für immer verändert. Aber die Fujifilm X100V ist eine zeitlose Bestätigung dafür, dass echte Kameras, selbst Kompaktkameras, heutzutage noch essentielle Werkzeuge der Fotografie sind. Auch im Zeitalter überragender Smartphones!
Warum? Nach einigen Stunden mit der Fujifilm X100V – und vielen weiteren mit den Vorgängern – kann ich sagen, dass keine andere Kamera so perfekt die klassischen Kamerastärken in einen so kompakten Formfaktor sublimiert hat. Während mein iPhone sich oft wie ein fotografisches Äquivalent zu einer Uber-Fahrt anfühlt, so ist die X100V das Pendant zu einer Roadtour mit einem Mazda MX5.
Das ist alles weniger eine Diskussion über die Bildqualität an sich – ich habe noch nicht ausreichend viel Zeit mit der X100V verbracht, um abschließende Urteile zu fällen – sondern eher eine Debatte über die X100V als generelles Konzept und als Street Photography Sidekick.
Das Besondere an dieser Kamera ist die perfekt entwickelte "Shooting Experience". Das klingt für sich erstmal schwammig und so, als ob ein Gitarrist vom Pizzicato Sound seiner Gibson schwärmt. Daher werde ich etwas spezifischer. Hier sind die fünf Features der X100V, die sie zur besseren Street Photography Kamera, als das iPhone 11 Pro machen. Ich benenne aber auch die Bereiche, in denen die X100V schwächelt.
Die Geheimwaffe der X100V
Wie viele aktuelle Flaggschiff Smartphones hat auch das iPhone 11 Pro extrem gute Kameras an Bord. Für diejenigen, für die das Fotografieren aber mehr als nur das Drücken des Auslösers ist, ein kreatives Hobby, bietet die Fujifilm X100V fünf tolle Features für einzigartige und kreative Fotoshootings.
Die da wären: ein Sucher (um den Bildausschnitt auch bei starkem Sonnenlicht perfekt zu setzen), ein neigbarer Bildschirm (um problemlos aus extrem tiefen und und hohen Winkeln zu fotografieren), ein großer Sensor (für höchste Bildqualität ohne digitale Verbesserungen), Witterungsbeständigkeit und zu guter Letzt ein viel besseres Handling ohne ein glänzendes, glattes Rechteck zwischen den Fingern balancieren zu müssen.
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Das tolle an der X100V ist, dass sie nun als erste Kamera der X100 Reihe all diese Eigenschaften in einer Kamera vereint, die sogar noch in eine größere Jackentasche passt. In dieser Hinsicht ist das einzigartig. Wie wir weiter unten sehen werden, ist die Kamera nicht perfekt (das geht gar nicht) aber die Kamera weiß was sie ist – eine extrem begehrenswerte Street Photography- und Reisekamera – und sie überzeugt als solche umso mehr.
Für mich ist der Game-Changer der X100V das neigbare Display. Ein Feature, dass die ansonsten exzellente Panasonic LX100 II – ein weiterer Versuch einer Kompaktkamera mit großem Sensor – leider nicht besitzt. Für Smartphones wäre ein neigbares Display ebenfalls schwierig umzusetzen.
Der Vorteil eines neigbaren Displays ist die Möglichkeit, ganz einfach Bilder aus tiefen Bildwinkeln aufzunehmen oder von oben auch über Menschenmengen hinweg zu fotografieren, ohne den Bildausschnitt aus den Augen zu verlieren. Das klingt nach viel, aber wenn man dieses Feature einmal genutzt hat, will man es nicht mehr missen. Darüber hinaus fügt sich das Display beim Zuklappen vollständig in die Rückseite der Kamera ein und stört dadurch weder die Optik, noch den Formfaktor.
Ein anderer großer Vorteil gegenüber dem iPhone 11 Pro ist der Hybrid Sucher. Der ist im Vergleich zu größeren Kameras zwar nicht groß, aber er ist groß genug, um ihn komfortabel nutzen zu können. Besonders bei starkem Sonnenlicht, wenn man auf dem Display nicht mehr viel erkennen kann. Die erhöhte Auflösung von nun 3,69 Mio. Pixel hilft ebenfalls. Während der Hybrid Sucher an sich selbst keine Neuerung gegenüber dem Vorgänger ist (sowohl klassischer Sucher als auch EVF sind über einen Schalter auf der Vorderseite wählbar), ist der EVF mit seiner nun noch höheren Auflösung ein sehr großer Vorteil gegenüber den Smartphones.
Bezüglich des komfortablen Handlings lässt sich sagen, dass die X100V mit dem Sucher und dem neigbaren Display jeden freuen sollte, der eine gute Street Photography Kamera sucht. Es gibt aber auch einige vorteilhafte Eigenschaften der Fujifilm X100V gegenüber Smartphones wie dem iPhone 11 Pro, die vom persönlichen Geschmack abhängen.
Ein Aspekt sind die Wahlräder und die manuellen Bedienungen. Hier muss man fairerweise sagen, dass das iPhone 11 Pro inzwischen deutlich mehr als eine Point-and-Shoot Kamera ist. Mit Apps wie Halide, auch auf dem Touchscreen eines Smartphones, sind die manuellen Einstellungen für Belichtung, Verschlusszeit, ISO und sogar Fokuspeaking nur ein paar Swipes entfernt.
Aber nehme ich mein iPhone auf einen kleinen Stadtspaziergang durch London mit der gleichen Intention mit, wie ich es mit der X100V tue? Nein – und ich finde auch, dass die manuelle Bedienung der X100V mit all ihren Knöpfen und Wahlrädern auch für Anfänger die beste Methode ist, die Grundsätze der Fotografie zu verinnerlichen und dabei auch das sogenannte Exposure-Triangle aus ISO, Verschlusszeit und Blende zu verstehen und anwenden zu können.
Die Gegenargumente
Natürlich ist jede Kamera in gewisser Weise ein Kompromiss und die Hauptschwäche der X100V ist die Beschränkung auf eine 23 mm f/2 Festbrennweite. Richtig gehört, während Handys inzwischen über teils 10-fach optischen Zoom verfügen (wenn auch nur durch mehrere einzelne Kameras unterschiedlicher Brennweite), bringt Fujifilm eine Kamera für 1500 Euro heraus, die lediglich eine fest montierte Brennweite besitzt.
Aber halt! Einer der wichtigsten Tipps, wenn es um die Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten in Sachen Fotografie geht, ist mit einer Festbrennweite zu fotografieren, um kreativer mit der Auswahl des Bildausschnitts, der Bildkomposition und der Belichtung zu sein. Und während es Momente gab, in denen ich nach einem 50 mm äquivalenten Objektiv gelechzt habe, was der effektiven Brennweite der 23 mm Optik vor dem APS-C Sensor entspricht – und auch noch etwas schärfer ist als bei den Vorgängern – ist die Festbrennweite gleichzeitig eine willkommene und hilfreiche Beschränkung für kreative Street Photography.
Für mich ist der größere Nachteil der X100V gegenüber meinem iPhone 11 Pro, die sehr eingeschränkten Verbindungsmöglichkeiten mit Smartdevices und eine sehr begrenzte Bildverarbeitung und Bearbeitung in der Kamera selbst. Vom traditionellen Standpunkt einer Fotokamera gäbe es da auch nicht viel, was Fujifilm noch in die X100V hätte packen können, aber im Kontext der Smartphone Revolution kann sich die X100V anfühlen wie aus einer anderen (älteren) Zeit.
Die lang erwartete Kompaktkamera Zeiss ZX1 soll zumindest ein integriertes Adobe Lightroom besitzen (ist aber immer noch nicht im Handel). Wo sind die Anwendungen bei der X100V für In-Camera Foto-Bearbeitung oder im Stile des iPhones ein Nacht Modus, um schnelle und Instagram-taugliche Fotos zu erstellen?
Hier muss man fairerweise anmerken, dass die X100V einen neuen internen HDR Modus hat, der zusammen mit Fujifilms tollen Filmsimulations-Modi ein guter Ausgangspunkt ist. Kompaktkameras wie diese werden aber auch in naher Zukunft nicht auf den Bildbearbeitungszug aufspringen, in dem die Smartphones schon länger sitzen. Google und Apple haben viel Geld investiert, damit ihre Smartphones und Smartphonekameras mit Hilfe von Alghorithmen Bilder sogar oberhalb ihrer rein physischen Fähigkeiten erstellen können. Das werden die klassischen Kameras auch weiterhin noch nicht bieten und vielleicht nie das Level der Smartphones erreichen. Und manchmal vermisst man dann schon die Unmittelbarkeit und Flexibilität eines Smartphones und seiner Foto-Apps.
Trotz allem und auch trotz einiger anderer kleiner Nachteile, wie die lediglich mit Zusatzkit nachrüstbare Witterungsversiegelung, ist die Fujifilm X100V eine der besten Street Photography Kameras, die ich je benutzt habe und in diesem Kontext auch dem iPhone 11 Pro weit überlegen.
Der Autofokus fühlt sich schneller an als bei den Vorgängern und die Kamera sieht auch einfach dezent, charaktervoll und umgänglich aus, sodass Fremde offener sind und freundlicher reagieren, als wenn du eine klobige DSLR nutzt, die die Leute eher noch verschreckt. Eine Person kam sogar auf mich zu, fragte nach der Kamera und bat um ein Bild von ihr.
Natürlich ist die X100V kein Ersatz für das iPhone 11 Pro, das ein echter Reise-Allrounder in Sachen Fotos ist. Aber die Kamera ist ein toller Beweis dafür, dass richtige Kameras auch in der Welt der immer besser werdenden Smartphones erfolgreich sein können.
Mark is TechRadar's Senior news editor. Having worked in tech journalism for a ludicrous 17 years, Mark is now attempting to break the world record for the number of camera bags hoarded by one person. He was previously Cameras Editor at both TechRadar and Trusted Reviews, Acting editor on Stuff.tv, as well as Features editor and Reviews editor on Stuff magazine. As a freelancer, he's contributed to titles including The Sunday Times, FourFourTwo and Arena. And in a former life, he also won The Daily Telegraph's Young Sportswriter of the Year. But that was before he discovered the strange joys of getting up at 4am for a photo shoot in London's Square Mile.