Was Monster Hunter von Wild Hearts lernen kann

Monster Hunter kann so einiges von Wild Hearts lernen.
(Bildnachweis: Electronic Arts)

Es sei dir verziehen, wenn dich der Klappentext zu Wild Hearts nicht mit größter Zuversicht erfüllt hat. Ein Monster Hunter-ähnliches Spiel von Omega Force (den Entwicklern der seit Jahrzehnten erfolgreichen Warriors-Reihe) hätte ich sicher nicht auf meine Bingo-Karte gesetzt. Doch jetzt, im Jahr 2023, ist Wild Hearts einer meiner bisherigen Überraschungsfavoriten des Jahres.

Das soll das Talent in den Reihen von Omega Force nicht schmälern. Es gibt eine Menge hervorragender Warriors-Titel (Zum Beispiel Hyrule Warriors, Dragon Quest Heroes und Warriors Orochi 3). Und mit dem N64- und PS2-Kulthit WinBack hat der Entwickler um die Jahrhundertwende wohl die Blaupause für das Subgenre der Deckungsshooter geschrieben: Covert Operations.

Jetzt hat Omega Force mit Wild Hearts wieder einmal bewiesen, dass es immer noch in der Lage ist, Genres mit frischen Ideen aufzumischen. Das Jagd-Subgenre wird in diesem Fall seit langem von Capcoms Monster Hunter-Reihe dominiert. Und das aus gutem Grund.

Andere Spiele des Genres, wie das exzellente Free-to-Play-Spiel Dauntless und die God Eater-Reihe, haben es geschafft, sich eine eigene respektable Community aufzubauen. Aber keine von ihnen konnte die Qualität und Beständigkeit von Capcoms Bestsellerreihe erreichen. Ich glaube zwar nicht, dass Wild Hearts Monster Hunter entthront hat, aber Capcom könnte sich durchaus ein Beispiel an Omega Force nehmen.

Wild Hearts: Wilde Mobilität

Wild Hearts Frostgrim

(Image credit: Electronic Arts)

Wild Hearts verschwendet wenig Zeit damit, dich in die Mechanik einzuführen, die sich von Monster Hunter unterscheidet: das Karakuri-System. Die Karakuri sind das, was deinen Jäger in eine akrobatische Bedrohung verwandelt. Und es ist auch kein Gimmick; ohne sie wirst du es schwer haben, die knallharten Kemono von Wild Hearts zu besiegen. Vor allem, weil dein Jäger praktisch eine Glaskanone ist.

Mit den Karakuri kannst du im Handumdrehen Gadgets wie Kisten, Sprungbretter, Gleiter und alle Arten von schnell einsetzbaren Werkzeugen bauen, die deinen Spielstil ergänzen. Sie sind für Wild Hearts im Grunde das, was die Seilkäfer für Monster Hunter Rise sind: zusätzliche Mobilitätswerkzeuge, welche die Kampfgräben des Spiels noch tiefer machen. Doch selbst wenn du im Laufe deines Hauptabenteuers nach und nach mehr Karakuri freischaltest, bietet Wild Hearts etwas, das Monster Hunter Rise fehlt, bis du tief im Endgame bist: ein durchgehend herausforderndes Gameplay.

Nur sehr wenige Kemono in Wild Hearts sind leichte Beute, abgesehen von denen, die du im Tutorial antriffst. Ein einziger Dropkick des Lavarückens oder ein Schlag des Frostgrims reichen aus, um den Kampf zu Gunsten des Monsters zu entscheiden – erst recht, wenn du mit deiner Ausrüstung eine große Schwäche gegen ein bestimmtes Element hast. Die Heilungszeit ist gerade lang genug, um dich zum Grübeln zu bringen. Und ohne die hündischen Palamutes von Monster Hunter Rise, die dich in Sicherheit bringen, erinnern dich die riesigen Kemono von Wild Hearts immer wieder daran, dass du dich in ihrem Territorium befindest und nicht umgekehrt.

Wendigkeit

Riding a palamute

(Image credit: Capcom)

Monster Hunter Rise ist zweifellos ein hervorragendes Spiel, das lässt sich nicht bestreiten. Aber da die Überlebens- und Jagdelemente der Serie im Vergleich zu den Vorgängern gestrafft wurden und die Palamutes sowie Seilkäfer dir so wahnsinnig viel Mobilität bieten, ist Rise gefährlich nahe dran, eine Machtfantasie zu sein. 

Diese Bewegungsfreiheit kann an sich schon eine Freude sein, aber ich bevorzuge mein Monster Hunter, wenn ich mit dem Rücken zur Wand stehe. In Rise haben selbst die furchterregendsten Monster der Serie wie Rajang, Gore Magala, Bazelgeuse und Teostra Mühe, mit den durch die Seilkäfer verbesserten Reflexen meines Jägers mitzuhalten. Zugegeben, das ändert sich, wenn man es mit Monstern aus dem Lategame wie Karmesin Valstrax und Astalos zu tun hat und man braucht schon etwas Zeit und Geduld, um so weit zu kommen.

Im Gegensatz dazu haben die Kämpfe in Wild Hearts wesentlich mehr Gewicht. Selbst wenn du eine Waffe verwendest, die sich gut für die Beweglichkeit eignet, wie zum Beispiel die flotte Klauenklinge, oder den Klingen-Wagsa – der die einzige Waffe im Spiel ist, mit der du Angriffe parieren kannst – haben große Kemono immer noch wenig Mühe, dich wie eine Fliege zu zerquetschen. Das ist ein erfrischender Schwierigkeitsgrad, der meiner Meinung nach im Großteil von Monster Hunter Rise gefehlt hat.

Trotzdem ist Wild Hearts nicht unbedingt besser als Monster Hunter Rise. Die Arbeit von Omega Force leidet bis heute unter beunruhigenden Performance-Problemen und einigen fragwürdigen Animationen und Hitboxen, die es in Capcoms Serie einfach nicht gibt. Allerdings fühlt sich in Rise die Mobilität, die dir die Seilkäfer ermöglichen, oftmals wie eine unaufhaltbare Naturgewalt an, während ich in den Vorgängern viel leichter ins Lager zurückgeprügelt wurde, wo ich dann meine Wunden lecken musste.

Formgebung

Hunter sets up a siege weapon

(Image credit: EA)

Ich sage nicht, dass das nächste große RE-Engine-Monster-Hunter-Spiel komplett von Wild Hearts übernommen werden sollte. Das von EA herausgegebene Spiel macht sein eigenes Ding und hat eine ganz eigene Identität. Was ich mir jedoch von Monster Hunter wünschen würde, ist eine ähnliche Herangehensweise an den Schwierigkeitsgrad wie bei Wild Hearts.

Wild Hearts ist ein schweres Spiel, aber die Karakuri machen die Jagden nicht unbedingt einfacher. Stattdessen ermutigen diese die Spieler dazu, kreativ zu sein; verschiedene Kombinationen von Karakuri funktionieren besser gegen bestimmte Kemono. In Rise sind die Seilkäfer ein einheitliches Kampf- und Ausweichmittel. Es macht Spaß diese zu benutzen, sind aber gleichzeitig sind sie erschreckend einfach zu meistern.

Ich würde mir für das nächste Monster Hunter eine ähnlich robuste Mobilitätsfunktion wünschen. Eine, die die Ausdrucksmöglichkeiten des Spielers betont, ohne die Bedrohung durch die legendären Monster fast vollständig auszuschalten. Wild Hearts hat gezeigt, wie robust das Jagd-Subgenre sein kann. Und Monster Hunter kann getrost an der Spitze bleiben, wenn Capcom sich für eine ähnliche Innovation entscheidet.

Michael Winkel
Volontär

Ich bin Michael und ich beschäftige mich vor allem mit den Themen Gaming, Nintendo und Audio. Noch bevor es mich zu TechRadar Deutschland verschlagen hat, absolvierte ich an der Akademie für Neue Medien eine Kompaktausbildung zum Crossmedia-Journalisten. Dort lernte ich nicht nur das journalistische Handwerk, sondern auch wie man moderiert und gute Kurzfilme produziert. Nun bin ich bei TechRadar Deutschland als Volontär gelandet und tierisch froh, leidenschaftlich über Videospiele, Gaming und Tech zu schreiben. Erreichbar bin ich unter mwinkel[at]purpleclouds.de.

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