Strayed Lights im Ersteindruck: Wenn Dark Souls und Ori ein Kind bekämen

Strayed Lights
(Bildnachweis: Embers)

Strayed Lights ist das Erstlingswerks des französischen Entwicklerstudios Embers, das dich schon direkt nach Spielstart schnurstracks in eine dichte Atmosphäre voller Emotionen und Niedlichkeit katapultiert. Du selbst verkörperst ein kleines Licht, das weit unter der Erde in den Tiefen einer längst verlassenen und wohl ausgestorbenen Zivilisation erwacht und sich nichts sehnlicher wünscht, als zu erwachen.

Bereits die ersten Minuten konnte mich Strayed Lights komplett in seinen Bann ziehen, was an der mysteriösen und fast schon undurchdringlichen Atmosphäre liegt. Bei solchen Spielen interessiere ich mich immer sofort für die Welt und das Drumherum. Wo sind die Bewohner dieser verlassenen Welt abgeblieben und was hat sie vertrieben? Waren zuerst diese mit Kristallen übersäte Höhlen oder die Türme im Inneren da? Und falls die Höhlen zuerst da waren, wieso hat man diese Türme gebaut und weshalb sind sie nun unbelebt? Fragen über Fragen. 

Strayed Lights

(Image credit: Embers)

In den wenigen Stunden, die ich mit dem Titel verbrachte, wurde ich quasi pausenlos an Ori and the Blind Forest erinnert. Und ich denke, dieser Vergleich passt ganz gut. Man nehme die düstere Stimmung von Dark Souls, mischt es mit der zauberhaften Optik sowie Niedlichkeit von Ori und herauskommt Strayed Lights. Und ob du es glaubst oder nicht, es funktioniert erstaunlich gut. Zumal das Spiel komplett ohne Synchronsprecher auskommt.

Dass Strayed Lights rein optisch und atmosphärisch also überzeugen kann, dürfte klar sein. Aber wie sieht es mit dem Rest aus? Was können World Building sowie Gameplay? Und ganz wichtig: Was haben die Gefechte samt Bosskämpfen zu bieten? Schließlich haben wir es hier mit einem Soulslike zu tun. In unserem Ersteindruck erfährst du nun, ob Strayed Lights eine Investition wert ist.

Faustkampf

Strayed Lights

(Image credit: Embers)

Wenn ich Strayed Lights mit einem Titel von From Software vergleichen müsste, würde ich sogar am ehesten Sekiro wählen. Ähnlich wie im Abenteuer des einarmigen Wolfs ist auch in Strayed Lights gutes Parieren der Schlüssel zum Sieg. Dazu sei allerdings gesagt, dass die Kämpfe in einer viel geringeren Dichte auftreten. Im Großen und Ganzen könnte man es als sehr kontrolliert bezeichnen. Zum Beispiel werden dich niemals riesige Gegnerscharen oder fiese Überraschungen wie Hinterhalte erwarten.

Strayed Lights portioniert die Kämpfe neben der Erkundung ausgeglichen und informiert dich über viele Meter Entfernung durch einen visuellen Bildfehler über Gegner in der Nähe. Meistens siehst du sie sowieso irgendwo herumstehen. Ist jetzt vielleicht nichts für den klassischen Souls-Fan, aber hey, das zeigt zumindest, dass Embers mit seinem Erstlingswerk sein eigenes Ding durchziehen wollte. Und zu viel "Dark Souls" muss auch nicht immer sein.

Die Kämpfe in Strayed Lights sind flott und machen super viel Spaß, sobald man die Mechaniken verstanden hat. Wie schon erwähnt, ist gutes Parieren von zentraler Bedeutung. Aber anders als bei üblichen Soulslikes, durchbricht eine erfolgreiche Parade hier nicht die Haltung deiner Gegner, sondern verursacht direkt Schaden. Noch mehr Würze erhält das Kampfsystem durch den Farbwechsel. Jederzeit kannst du von einer roten zu einer blauen Form switchen. Die bringen dir zwar keine neuen Fähigkeiten, werden aber benötigt, wenn du auf die Angriffe der Gegner reagieren musst. Eine Parade macht nämlich nur dann Schaden, wenn deine Farbe mit der des Feindes übereinstimmt. Parierst du in der falschen Farbe, wird nur der Schaden gegen dich vermieden. Beginnt ein Gegner lila zu leuchten, bereitet er einen unblockbaren Angriff vor, dem es auszuweichen gilt.

Strayed Lights

(Image credit: Embers)

Ein weiteres Schmankerl stellen die Bosskämpfe dar, die eine etwas andere Herangehensweise als die meisten Soulslikes wählen. Denn hier verringerst du keine Leiste, sonst füllst eine auf. Und das gelingt dir ebenfalls durch das Parieren und Angreifen des Bossgegners, während du stets auf die richtige Farbe achten musst. Ist die Leiste gefüllt, startet eine Reihe von coolen Quick Time Events und schließlich der Finisher gegen das große Ungetüm. Die Bosskämpfe selbst sind herausragend cool designt, fühlen sich bombastisch an und bieten definitiv die ein oder andere Herausforderung – auch wenn sich wahre Souls-Veteranen vermutlich etwas unterfordert fühlen werden.

Das Entwicklerstudio hat sich außerdem gegen ein komplexes System mit Werten, Ausrüstung und Waffenskalierung entschieden. Stattdessen hat man wieder eine ähnliche Richtung wie Sekiro eingeschlagen, indem man einen kleinen Talentbaum eingebaut hat, durch welchen man passive und aktive Fähigkeiten freischalten kann.

Passive Skills kann man durch das Investieren von Fähigkeitspunkten erhalten, die man von besiegten Gegnern erhält. Aktive Fähigkeiten können nur durch stärkere Fähigkeitspunkte freigespielt werden, die ausschließlich von Bossen fallengelassen werden. Ein insgesamt gutes und durchdachtes System. Nur fehlt mir hier persönlich einfach das "Ausbauen" des eigenen Charakters. Man kann leider keinen eigenen Weg einschlagen, da der Talentbaum ähnlich wie die in Sekiro sehr klein ist und man früher oder später jede Fähigkeit besitzt. 

Zauberhaft, wenn auch unvollkommen

Strayed Lights

(Image credit: Embers)

Das World Building kann sich im Großen und Ganzen sehen lassen. Vor allem, weil alle Level nahtlos mit dem Hub des Spiels verbunden sind. Du wirst also nicht auf irgendwelche Ladebildschirme während deines Abenteuers stoßen. Allerdings sind die einzelnen Level doch sehr schlauchig und linear. Und es gibt eigentlich keinen Loot. Es gibt lediglich kleine Energie-Upgrades, die deine Energieregeneration erhöhen, wenn du genug von ihnen sammelst. Wie sehr hätte ich mir gewünscht, dass es wenigstens eine Art von Collectable oder irgendwelche Lore-Fetzen zum Sammeln gäbe, aber Erkundungslust kommt in den Leveln von Strayled Lights nicht sonderlich auf. Schade.

Strayed Lights macht einiges richtig, aber es hat auch seine Wehwehchen. Das größte Problem, das ich sehe, ist sein hoher Preis im Vergleich zu seiner wirklich geringen Spieldauer. Man sollte nicht rund 25 Euro für sein etwa vierstündiges Spiel verlangen. Bei all der Liebe, die ich für Strayed Lights bisher aufgebaut habe, aber das ist einfach zu teuer. Hinzu kommt die starke Simplifizierung vieler Mechaniken, das doch sehr linieare Leveldesign und das Nichtvorhandensein von Loot wie Ausrüstungsgegenständen, oder andere Verbrauchsitems. Es gibt abgesehen von den kleinen Energie-Upgrades einfach keinen Grund, die Level ausführlich zu erkunden, und das ist enttäuschend. Öfter mal einen Gagner zu platzieren, hätte der leeren Welten vielleicht auch schon geholfen.

Aber abgesehen von diesen kleinen Problemchen hat man es bei Strayed Lights auf jeden Fall mit einem wirklich spannenden und herausfordernden Action Adventure zu tun. Nur solltest du wissen, dass es völlig bewusst aus der Reihe tanzt und dir eben nicht die übliche Soulslike-Kost auftischt. Es ist halt kein Dark Souls, aber das wollte Strayed Lights auch nie sein.

Michael Winkel
Volontär

Ich bin Michael und ich beschäftige mich vor allem mit den Themen Gaming, Nintendo und Audio. Noch bevor es mich zu TechRadar Deutschland verschlagen hat, absolvierte ich an der Akademie für Neue Medien eine Kompaktausbildung zum Crossmedia-Journalisten. Dort lernte ich nicht nur das journalistische Handwerk, sondern auch wie man moderiert und gute Kurzfilme produziert. Nun bin ich bei TechRadar Deutschland als Volontär gelandet und tierisch froh, leidenschaftlich über Videospiele, Gaming und Tech zu schreiben.

Erreichbar bin ich unter mwinkel[at]purpleclouds.de.