So wird das Smartphone nachhaltiger

Smartphone
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Nachhaltigkeit beim Smartphone ist eine vertrackte Sache. Eier und Milch lassen sich beim Biobauern vor Ort erwerben. Doch das Smartphone setzt sich aus rund 60 Rohstoffen zusammen, die aus der ganzen Welt zusammengetragen werden. Edelmetalle und Seltene Erden sind wichtige Bauteile für Hauptplatinen, Halbleiter, Akkus oder Displays. Lithium beispielsweise wird in Südamerika gefördert, Kobalt stammt meist aus Afrika. Arbeiterinnen und Arbeiter in Asien setzen die Bauteile zum Smartphone zusammen. Die Rohstoffe werden oftmals unter katastrophalen Bedingungen gefördert. Chemikalien kommen zum Einsatz, die die Natur vergiften. Die Menschen in Südamerika und Afrika arbeiten häufig ohne Schutzkleidung. Kinder graben das Kobalt aus engen Löchern im Berg. In den asiatischen Fertigungshallen schuften die Arbeiterinnen und Arbeiter 60, 80 oder gar 100 Stunden – in der Woche. Und das für einen Hungerlohn.

Nicht nur die Stiftung Warentest sieht hier die Hersteller in der Verantwortung. Sie sollten darauf achten, dass Rohstoffe ressourcenschonend, umweltverträglich und unter menschenwürdigen Bedingungen gewonnen werden. Denn diese globalen Lieferketten können Nutzer nicht nachverfolgen. Um also sicherzugehen, dass sein Smartphone möglichst nachhaltig konstruiert wurde, kann der Verbraucher sich nur auf die Auskünfte verlassen, die er durch Umweltsiegel, Testberichte und Herstellerangaben erhält. Und diese sind dürftig. Selbst Stiftung Warentest hat nicht die gewünschten Auskünfte erhalten. Sie hat neun Smartphone-Produzenten auf den Umgang mit ihrer Unternehmensverantwortung geprüft. Allein vier Firmen beantworten nicht einmal die Fragebögen des Verbrauchermagazins.

Neben der Produktion spielt für eine nachhaltige Nutzung des Smartphones die Lebensdauer, die Reparaturfähigkeit der Geräte und die Wiederverwertung der kostbaren Rohstoffe eine Rolle. Das sind die Stellschrauben, an denen der Nutzer selbst drehen kann.

Der CO₂-Fußabdruck eines Smartphones

Ein Smartphone verursacht klimaschädliche Abgase. Es braucht Energie, die geht einher mit dem Ausstoß von Kohlenstoffdioxid. Über seinen Lebenszyklus treibt zum Beispiel das iPhone 13 insgesamt 64 Kilogramm CO2-Emmissionen in die Atmosphäre, gibt Hersteller Apple in seinem Product Environmental Report an.  81 Prozent des CO₂-Ausstoßes fällt bei der Produktion an, schlüsselt der US-amerikanische Hersteller auf. 16 Prozent der Emissionen verursacht der Nutzer dadurch, dass sein Smartphone Energie verbraucht beim Telefonieren, Chatten oder Surfen und es regelmäßig auflädt.

An der Stelle kommt der Verbraucher ins Spiel. Denn offensichtlich verursacht die Smartphone-Nutzung vergleichsweise deutlich weniger Treibhaus-Emissionen. Allerdings tauscht der Deutsche sein Smartphone nach durchschnittlich 18 Monaten, wie der Naturschutzbund berichtet. Nutzt der Verbraucher sein Smartphone nur ein Jahr länger, reduziert er den CO₂-Fußabdruck des Geräts um bis zu 31 Prozent. Das hat die Deutsche Telekom ausgerechnet, die 2019 einen nachhaltigen Smartphone-Kreislauf gestartet hat. Der Bonner Telekommunikationskonzern bereitet gebrauchte Handys für den Wiederverkauf auf oder recycelt die kostbaren Rohstoffe. Sie kehren auf diese Weise in die Produktion zurück. Das schont wertvolle begrenzte Ressourcen und reduziert den CO₂-Ausstoß in der Smartphone-Herstellung, wie die Telekom betont.

Der nachhaltige Smartphone-Kauf

Wer nun also auf der Suche nach einem nachhaltigen Smartphone ist, hat es nicht leicht. Die Lieferketten kann er/sie nicht nachverfolgen. In welchem Umfang wiederaufbereitete Rohstoffe bei der Produktion verwendet wurden, lässt sich schwer überprüfen. Transparenz zählt nicht zu den Stärken der etablierten Smartphone-Produzenten. Selbst HMD Global, Hersteller der Nokia-Phones, gab Stiftung Warentest so spärliche Auskünfte, dass es in der Bewertung nur für ein “Mangelhaft” reichte. Dabei bemühen sich die Finnen um Nachhaltigkeit. Immerhin haben sie für aktuelle Modelle gar ein kompostbierbares Cover entworfen.

Wer auf dem Weg zu einem möglichst nachhaltigen Smartphone die Bestenlisten renommierter Fachportale konsultiert, findet keinerlei Auskünfte zu diesem Aspekt. Mehr Erfolg hat der Nutzer bei Umweltlabels. Der Blaue Engel, das deutsche Umweltzeichen, vereinfacht die Smartphone-Wahl im besonderen Maße. Denn bislang darf sich nur das Fairphone 4 mit dem Blauen Engel zieren. Die ursprünglich aus den USA stammende Initiative I fix it veröffentlicht einen Smartphone-Reparierbarkeits-Index. Die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und wie leicht sich Geräte reparieren lassen, gehört zu den wesentlichen Merkmalen eines nachhaltigen Smartphones. Bestnoten erhalten hier ebenfalls Fairphone (10) aus den Niederlanden und die Shiftphones (9) des deutschen Herstellers Shift. Vergleichsweise gut schneidet auch das iPhone 13 mit der Note 6 ab. Leider ist der Index nicht vollständig. So fehlt zum Beispiel eine Bewertung des beliebten Samsung-Smartphones Galaxy S20 FE.

Auch Europas Mobilfunkbetreiber haben auf die sich verändernden Ansprüche ihrer Kunden reagiert. Fünf große Netzbetreiber haben gemeinsam das Eco-Rating gestartet, wie LogiTel berichtet. 15 Mobilfunkhersteller unterziehen ihre neuen Modelle mittlerweile der unabhängigen Beurteilung, in der Langlebigkeit, Reparaturfähigkeit, Klimaverträglichkeit, Recyclingfähigkeit und Ressourcenschonung der Smartphones im Fokus stehen. Bedauerlicherweise kann sich der Nutzer keinen Überblick über alle bewerteten Geräte verschaffen. Nur den Netzbetreibern ist das Recht vorbehalten, das Siegel für das jeweilige Gerät zu veröffentlichen. Sind Smartphones eines bestimmten Herstellers nicht im Online-Shop des Providers vertreten, erfährt der Nutzer nicht, wie sein mögliches Wunsch-Handy abgeschnitten hat.

Die nachhaltige Nutzung des Smartphones

Am nachhaltigsten geht der Nutzer mit seinem Smartphone um, je länger er es nutzt. Schließlich senkt er mit einem langen Lebenszyklus des Smartphones dessen klimatischen Fußabdruck beträchtlich.

Gegen eine jahrelange Verwendung des Smartphones sprechen die Gründe für einen Gerätetausch. Wie die Deutsche Umwelthilfe in einer Umfrage ermittelt hat, entscheidet sich 78 Prozent der Verbraucher für ein neues Smartphone:

  • Weil die Display-Reparatur zu aufwendig und/oder teuer ist
  • weil der Akku schwächelt, sich aber unmöglich austauschen lässt
  • weil keine Software-Updates mehr ausgeliefert werden und damit Funktionen/Anwendungen eingeschränkt werden oder nicht mehr nutzbar sind
  • Weil sich die Hardware des Smartphones anders als beispielsweise beim Computer nicht aufrüsten lässt

Das sind nachvollziehbare Gründe, die folglich bereits die Kaufentscheidung beeinflussen sollten.

Ökologisch wertvoll: Die fachgerechte Entsorgung

Bereits zum zehnten Geburtstag des Smartphones 2017 stellte die Umweltschutzorganisation Greenpeace einen Maßnahmen-Katalog auf, um die beliebten Geräte umweltverträglicher zu machen. Vor allem fordert Greenpeace eine nachhaltigere Kreislauf-Produktion der Smartphones. Die Rohstoffe sollen nicht länger nur abgebaut werden, sondern vor allem aus wiederaufbereitetem Bestand kommen.

An dem Punkt ist jeder Einzelne gefragt. Nach Angaben der Umwelthilfe schlummern aktuell 206 Millionen ungenutzte Handys und Smartphones allein in deutschen Schubladen. Das macht 4,8 Tonnen Gold, 50 Tonnen Silber und 1.800 Tonnen Kupfer, rechnen die Umweltschützer vor. Oder anders gesagt: 1.854,8 Tonnen wertvolle Rohstoffe, aus denen neue Smartphones entstehen könnten. Denn in einer Kreislauf-Wirtschaft kehren die recycelten Rohstoffe zurück in die Produktion. Das senkt CO₂-Emissionen und reduziert den menschlichen Raubbau an der Natur.

Alles, was der Verbraucher dafür tun muss, ist, das ausgediente Gerät beim Wertstoffhof oder einer anderen Sammelstelle abzugeben. Inzwischen warten die Smartphone-Hersteller oft mit sogenannten Trade-In-Aktionen auf: Wer ein neues Gerät kauft, kann sein altes abgeben und erhält dafür noch einen Preisnachlass. Einen anderen Weg wählt Shift. Der kleine Smartphone-Produzent erhebt ein Pfand auf seine Geräte. Den gibt’s bei der Rückgabe zurück. So bleiben die Rohstoffe dem Produktionskreislauf erhalten.

Dass die wertvollen Bestandteile wieder dorthin zurückkehren können, liegt jedoch nicht allein bei den Herstellern, sondern zunächst am Nutzer. Solange er ungenutzte Geräte hortet, können die Smartphones nicht recycelt werden.